Deutschland behindert Reform der EU-Flüchtlingspolitik

“Deutschland ist unser Zuhause”. Das sagt nicht irgendwer, das sagen zwei Kinder, deren Eltern in den 90ern aus Syrien und dem Kosovo nach Deutschland geflüchtet sind. Sie stehen für etwa hunderttausend Menschen, die langjährig in Deutschland geduldet werden. Unter ihnen sind mindestens dreißigtausend hier in Deutschland aufgewachsene Kinder, die das Land ihrer Eltern kaum, wenn überhaupt, noch kennen. Darum forderte die GfbV auch Anfang Juni von der Innenministerkonferenz, diesen Menschen endlich Bleiberecht zu gewähren.

Besonders bitter: gerade jene konservativen Politiker, die sich über unser kinderloses Land aufregen, wollen Flüchtlingskinder ins “Niemandsland” ihrer familiären Herkunft abschieben, Ländern, die ihnen fremd sind. Denn diese “Deportation ins Nichts” ist nicht nur unbarmherzig, sondern ökonomisch gesehen auch eine Verschleuderung von Kapital. Diese Kinder sind nämlich in der Regel schon gut ins deutsche Bildungssystem integriert und können besser Deutsch als die Sprache ihrer Eltern. Allerdings ist ihr Anteil an Haupt- und Sonderschulen besonders groß – weil sie keine dauerhafte Perspektive haben und ständig vor dem “Sprung ins Nichts” stehen.

Die GfbV engagiert sich deswegen so intensiv um Flüchtlinge, weil die meisten der langjährig geduldeten Flüchtlinge in Deutschland Angehörige einer verfolgten oder unterdrückten Minderheit sind wie die Roma und Aschkali aus dem Kosovo, Kurden, Bahai, Yeziden, christliche Assyrer,Chaldäer und Armenier, Aleviten oder Mandäer aus dem Nahen Osten, Tschetschenen aus der Russischen Föderation oder Afghanen, die den Taliban oder zuvor der sowjetischen Armee entkommen konnten.

Als ob das nicht schlimm genug ist: Die Bundesregierung blockiert auch notwendige Reformen des europäischen Flüchtlingsrechts und entzieht sich zunehmend seiner Verantwortung, Schutzbedürftige in Deutschland aufzunehmen. Die GfbV kritisiert zusammen mit Amnesty International und PRO ASYL die deutsche Asylpolitik: Trotz anhaltend hoher Flüchtlingszahlen weltweit ist es immer weniger Menschen überhaupt möglich, in Deutschland einen Asylantrag zu stellen.

Man darf dabei nicht vergessen, dass Deutschland aufgrund seiner geographischen Mittellage nicht dermaßen von Flüchtlingsströmen betroffen sind wie die Länder an den Außengrenzen der EU: Malta beispielsweise ist derzeit gemessen an der Einwohnerzahl für rund 19 Mal mehr Asylgesuche zuständig als die Bundesrepublik Deutschland. Amnesty weist auf das extreme Beispiel Griechenland hin, wo die Asylverfahren weit unter rechtstaatlichen Standards liegen: Asylbewerber müssen monatelang warten, bis sie überhaupt einen Antrag stellen können, Unterbringungsmöglichkeiten gibt es auch kaum: die meisten Asylsuchenden auf der Straße und in Parks schlafen. Schulbildung für deren Kinder dürften daher kaum möglich sein.

Deswegen ist es legitim zu fordern, dass Deutschland sich nicht weiter gegen eine gerechtere Verteilung der Asylbewerber sperren darf, wie sie die EU-Kommission vorgeschlagen hat. Gerade wir Deutschen profitieren ja von nachwachsenden Generationen – Flüchtlingskinder sind daher für uns mehr als nur bloße humanitäre Verantwortung, sondern Chance zugleich.

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