Die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) wurde am 20. November 1989 von der UN-Generalversammlung angenommen. 1992 trat sie auch in Deutschland in Kraft. Doch die deutschen Gesetzgeber modifizierten die Konvention. Der Menschenrechtsvertrag sollte nur eingeschränkt für Flüchtlingskinder gelten. 2010 wurden diese Einschränkungen zurückgenommen, doch bis heute fehlt es an gesetzgeberischen Maßnahmen, die die Rechte der Flüchtlingskinder gewährleisten.
von Manuel Glattbach
Die UN-Kinderrechtskonvention legt weltweite Standards zum Schutz der Kinder fest und garantiert ihnen Rechte, auf die sie sich berufen können. Zu diesen Rechten gehören beispielsweise der Anspruch auf besondere Fürsorge und Unterstützung, auf Förderung und Schutz, auf Bildung und Ausbildung, sowie auf eine angemessene Beteiligung am politischen und gesellschaftlichen Leben. Mittlerweile können Kinder ihre durch die Konvention garantierten Rechte auch einklagen. Wie dies jedoch konkret umgesetzt werden soll, ist fraglich und genau darin liegt das Kernproblem der UN-Kinderrechtskonvention – ihre Umsetzung. In vielen Ländern ist diese nämlich nicht gewährleistet und zu diesen Ländern zählen nicht nur politisch instabile und wirtschaftlich schwache Staaten, sondern auch die Bundesrepublik Deutschland. Die Umsetzung der UN-KRK für Kinder mit deutschem Pass ist weitestgehend garantiert. Erhebliche Mängel gibt es jedoch bei ihrer Anwendung auf minderjährige Flüchtlinge. Im Gegensatz zu Kindern mit deutschem Pass steht ihnen beispielweise viel weniger Geld zur Verfügung. Denn die Leistungen, die sie beziehen können, werden durch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) geregelt. Die Regelsätze für finanzielle Unterstützung sind in diesem Fall ein Drittel weniger als die ohnehin schon knapp bemessenen Hartz-IV-Sätze. Außerdem haben Flüchtlingskinder lediglich Anspruch auf eine medizinische Behandlung in Notfällen. Das verstößt gegen die UN-KRK, die eine bestmögliche Gesundheitsversorgung vorsieht. Auch die Unterbringung von Flüchtlingskindern entspricht in keinster Weise deutschen Standards. Meist leben sie in Gemeinschaftsunterkünften mit vielen Menschen auf engstem Raum zusammen.
An der Umsetzung der UN-KRK wird aber vor allem kritisiert, dass ausländische Kinder und minderjährige Asylsuchende schon mit 16 Jahren als mündig und demnach volljährig betrachtet werden; im Gegensatz zu Kindern mit deutschem Pass, die erst mit 18 volljährig sind. Das bedeutet, dass asylsuchende Jugendliche zum Beispiel alle juristischen Angelegenheiten selbst regeln können, aber auch müssen. Und demnach die Konsequenzen ihrer Entscheidungen alleine kalkulieren und schultern müssen. Behördengänge, eventuelle Klagen gegen Bescheide von Ämtern – all diese Pflichten muss ein minderjähriger Asylsuchender selbst wahrnehmen. In der UN-KRK steht allerdings ganz klar in Artikel 1, dass ein Mensch erst mit der Vollendung des 18. Lebensjahres nicht mehr juristisch als Kind gewertet wird. Die Rechtslage für asylsuchende Minderjährige in Deutschland verstößt also eindeutig gegen diesen internationalen Menschenrechtsvertrag.
Dies sind nur einige Beispiele, wie die deutsche Gesetzgebung tagtäglich der Konvention zuwiderhandelt. 2012 legte die SPD-Bundestagsfraktion einen Gesetzentwurf vor, mit dem die Mängel bei der Umsetzung endlich beseitigt würden. In diesem forderten die Abgeordneten unter anderem, dass die Volljährigkeit minderjähriger Flüchtlinge auf 18 Jahre angehoben wird. Auch sollte das Jugendamt zuständig sein, damit die jungen Asylsuchenden nicht mehr in Sammelunterkünften wohnen müssten. Beide Forderungen wurden bis heute nicht umgesetzt – obwohl die SPD seit Ende 2013 selbst Teil der Regierung ist.
Die Bundesregierung muss sich endlich mit dem Thema auseinandersetzen. Asylsuchenden Minderjährigen in Deutschland stehen die gleichen Rechte wie Kindern mit deutschem Pass zu. Denn schließlich sind wir laut Artikel 1 des Grundgesetzes alle gleich. Das scheint die deutsche Gesetzgebung vergessen zu haben.
[Zum Autor]