Türkei: Versöhnung zwischen Türken und Kurden wahrnehmen!

Mehrfach wurden in vergangener Zeit in den kurdischen Gebieten der Türkei Massengräber aufgefunden, in denen die kurdischen Opfer des von 1984-1999 währenden Bürgerkrieges vergraben wurden. Zu Zeiten des bewaffneten Konflikts zwischen der türkischen Zentralregierung und den kurdischen Untergrundgruppen der PKK jagten die türkische Polizei und Armee oppositionelle Kurden rücksichtslos: Politiker, Schriftsteller, Journalisten und jeder, der prokurdische Ansichten ausdrückte, wurde verschleppt, misshandelt, ermordet. Rund 17.000 Menschen, überwiegend Kurden, sind während des Bürgerkriegs verschwunden, und gelten größtenteils noch heute als vermisst. Der GfbV liegt eine Liste von 818 Namen kurdischer Staatsbürgern aus der Türkei vor, welche im Zeitraum von 1980 bis zum Jahre 2000 verschwunden sind. Diese Menschen hinterlassen Angehörige, die bis heute keine Erklärung für die Todesfälle ihrer Familienmitglieder erfahren konnten. Während die türkischen Behörden die Suche nach den Vermissten lange Zeit verhindern konnte, werden die Spuren der Verbrechen inzwischen Schritt für Schritt aufgedeckt.

Foto: Massengräber in der Türkei. Quelle: GfbV-Archiv

Zuletzt waren am 6. sowie am 20. Januar 2011 kurdische Massengräber entdeckt worden, in denen bis zu 36 Skelette vermutet wurden. Medienberichten zufolge wurden in der überwiegend von Kurden bewohnten Osttürkei bisher 114 Massengräber ausfindig gemacht. Im Zusammenhang mit den Massengräbern lassen sich mögliche Erklärungen hingegen keine Gewissheiten für die zahlreichen Vermisstenfälle finden. Eine Exhumierung (Ausgraben eines bereits bestatteten Leichnams aus seinem Grab) der Toten muss erreicht werden, um Gewissheit zu geben.

Obwohl die türkischen Behörden derweil im Laufe einer sich schrittweise vollziehenden Demokratisierung die Suche nach den Vermissten und somit auch die Suche nach den Massengräbern genehmigt haben, kritisiert die pro-kurdische „Partei für Frieden und Demokratie“ (BDP) die AKP-Partei (Adalet ve Kalkınma Partisi) von Ministerpräsident Erdoğan mit dem Vorwurf, der Problematik der kurdischen Massengräber nicht ausreichend nachzugehen. Die türkische Regierung hat die Macht und die Befugnisse, die Aufklärung der unbekannten Todesfälle einzuleiten und die Exhumierungen vollziehen zu lassen, so dass den Angehörigen Gewissheit und Abschiednahme ermöglicht wird.

Das Kurdenproblem und die Demokratisierung des Landes sind eng miteinander verflochten, denn die Türkei kann sich nur dann demokratisieren, wenn sie ihre Minderheitenpolitik gegenüber den Kurden ändert. Während die Türkei einerseits eine EU-Mitgliedschaft anstrebt, findet im Land andererseits eine kontinuierliche Unterdrückung der kurdischsprachigen Bevölkerung statt, an der die türkische Regierung, Politik, Justiz, Behörden sowie das Militär beteiligt sind. Die Verfolgung der Kurden, die friedlich für die Gleichberechtigung ihrer Sprache und Kultur eintreten und demonstrieren ist alltäglich, der Spalt zwischen Türken und türkischen Kurden überall im Lande spürbar.

Ein ernsthafter und offener Dialog mit allen Vertretern der Kurden in der Türkei sowie die Aufklärung der Mordfälle und Exhumierung der Toten ist dringend notwendig. Nur auf diese Weise kann eine Annäherung der türkischen Regierung an seine kurdischen Bürger erfolgen und der Weg für eine langfristige Versöhnung bereitet werden.

Leistet einen Beitrag, indem ihr die GfbV, die sich seit Jahren für verbesserte Lebensbedingungen der Kurden in der Türkei einsetzt, mit folgendem Appell unterstützt:
Unterdrückung von Kurden und Christen endlich beenden! Die Türkei: Nicht reif für Europa.

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