La Chergas Balkan Brass: Lebendige Roma-Musik

Nicht zum ersten Mal besprechen wir in diesem Blog gute Musik, um neben der klassischen Menschenrechtsarbeit auch die Kultur jener vorzustellen, für die wir uns einsetzen. Nun hat die Band La Cherga neu aufgelegt: diesmal mit einer sehr speziellen CD – „Revolve“! Wer klassischen Balkan-Brass erwartet, liegt nicht unbedingt falsch. Aber diese CD geht weiter. Gleich die beiden ersten Lieder Melaha und Sufi Dub zeigen die Musiker, wie sie sich weiterentwickelt haben: der Gesag wird rauh, aber auch reif. Stets verwurzelt mit ihren Herkunftsländern Kroatien, Bosnien und Mazedionen bleiben sich La Cherga treu und schwimmen weiter gegen den Strom. Die klassischen Akkordeon- und Trompetenklänge werden durch einen satten Bass und einen ziemlichen groove ergänzt. So gibt es aber auch Lieder, die bunt gemischt sind mit Bassdrum, Rapp-Einlagen und kräftigen Gitarren-Riffs. Ungewohnt, aber durchaus auch willkomen sind die vielfältigen Variationen und Beats – so dass es gute Vibrationen gibt, die zum Tanzen gerade zu herausfordern. Darüber hinaus gibt es weitere neue Klangbilder, bei denen Fernweh vermittelt wird – immer wieder mit einer einsamen Trompete und wechselnden Tempi und energischen Beats.

Foto: GfbV-Archiv

Was anfangs gewöhnungsbedürftig daherkommt, ist das eigentlich geniale an dieser CD: eine Mischung aus Reggea, Rap, Samba-Grooves und klassischem Brass. Faszinierend! Wer da nicht mittanzt, ist ein emotionaler Kühlschrank. „Revolve“ jedenfalls ist ein bemerkenswertes Motto, mit dem sich die Band quasi neuerfunden hat. Der bunte Stilmix entführt den Hörer in eine bisher unbekannte vitale Welt des Balkan-Brass, mit dem hier abseits von Alltagssorgen gefeiert und gelebt wird. Jedenfalls hab ich die Musik mir auf den Player gezogen, so dass jede U-Bahn-Fahrt so dahinrast. Empfehlenswert!

Doch auch die Balkan-Brass-Battle der beiden Bands Fanfare Ciocarlia und dem Boban & Marko Markovic Orchestra hat es in sich. Zwar ist dies eher klassischer Brass, aber durchaus vital, abwechslungsreich und intensiv. Dass man diesen Wettbewerb als Balkan-Brass-Battle nennt, irritiert anfangs. Schließlich ist der Balkan ja schon konfliktgeladen genug. Doch wie die jahrhunderte alte Roma-Kultur der Verfolgung und Unterdrückung begegnet, ist faszinierend. Die fezzigen Beats beider Bands befeuern ein ungeheuer intensives Hörerlebnis der feinsten Sorte. Sowohl die rumänische Fanfare Ciocărlia wie auch das serbische Boban & Marko Markovic Orchestra zeigen, wie Bläserkappellen dem Hörer derart den Marsch blasen können, dass diese gar nicht anders können als mitzutanzen. Beide zelebrieren mit jedem einzelnden Lied eine alte, lange Zeit von Europa aus übersehende Lebenskultur, die sich an Europas reicher Musiktradition bedient, diese mischt und neu erfindet. Beide CDs sind absolut hör- und empfehlenswert. Ein Muss für jeden, der sich für Brass interessiert.

Erhältlich bei der Produktionsfirma Asphalt Tango – hier gehts zum Shop.

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