In Kobani, aber auch in anderen Ortschaften in Nordsyrien, feiern Jung und Alt den Sieg über den “Islamischen Staat”. Die Kinder der Region haben verlassene Panzer bereits als Spielplätze entdeckt. Foto: Kamal Sido
Mein nächstes Ziel nach der Rückkehr aus Kobani war die Stadt al-Hasakeh, in der das Regime, genau wie in Qamischli, teilweise präsent ist. Vor 2011 lebten etwa 175.000 Menschen in al-Hasakeh. Die Stadt war einer der ersten Orte, an denen die syrische „Revolution“ ausbrach und ist damit der erste kurdische Ort, der sich auf Seiten der Rebellen positionierte. Nach mehreren Zusammenstößen zwischen islamistischen Gruppierungen und der YPG im Juli 2013 waren kurdische Aktivisten sehr enttäuscht von der arabischen sunnitischen Opposition, die sich in Al Hasakeh auf die Seite der Radikalislamisten stellte. Ab 2013 zogen sich die Regierungstruppen auf vereinzelte Kasernen zurück. Durch den erfolgreichen Kampf gegen den IS im Raum al-Hasakeh war es der YPG gelungen, ihre Position in dieser Region zu festigen.
Im Umkreis besuchte ich die Zentrale der „Syrian Democratic Forces“ (SDF) und interviewte deren Sprecher Talal Silo. Die SDF sind ein Zusammenschluss aus kurdischen, arabischen, assyro-aramäischen und turkmenischen Kräften in Rojava, in dem die YPG eine führende Rolle einnimmt. Neben militärischen Zielen, arbeiten die SDF auch auf eine offene Gesellschaft hin, wie mir der Generalmajor während unseres Gesprächs erläuterte: „Zu Beginn unserer Gründung hatten wir das Ziel, den IS zu zerschlagen und unsere Gebiete vom IS zu befreien. Aber schnell erweiterten wir unsere Bestrebungen: Heute kämpfen wir für ein demokratisches, pluralistisches, föderales System in Syrien, das die Freiheit kultureller Rechte und die Glaubensfreiheit für alle Volksgruppen in Syrien garantiert. Und wir wären dann der Kern zukünftiger Streitkräfte eines demokratischen Syriens, in dem Religion und Staat voneinander getrennt sind. Das unterscheidet uns von nahezu allen anderen bewaffneten Gruppen: Die anderen wollen einen Scharia-Staat in Syrien einführen. Wir bei den SDF lehnen das ab. Wir kämpfen für eine vollständige Gleichberechtigung zwischen allen religiösen und ethnischen Gruppen in Syrien. Christen müssen das Recht haben, Kirchen zu bauen, so wie andere eben auch ihre Gotteshäuser errichten können.“ (Das gesamte Interview finden Sie hier: GfbV)
Die einzelnen Kapitel im Überblick:
Semalka: Der einzige Weg nach Rojava
Plädoyer für ein multiethnisches und multireligiöses Rojava
Auf jüdischen Spuren in Qamischli
Kurdisches Neujahrsfest in Kobani
Militärischer Begleitschutz in Tall Abyad
Das neue Militärbündnis „Syrian Democratic Forces“ in al-Hasakeh
Christliches Leben in al-Hasakeh und Qamischli
Rojava-Nordsyrien benötigt unsere Solidarität