Besuch eines Gefängnisses

Wie schon vier Jahre zuvor in Irakisch-Kurdistan besuchte ich dieses Mal in Qamischli ein Gefängnis, um mich über die Lage der Insassen zu informieren. Foto: Kamal Sido

In Qamischli erhielt ich von dem Polizeipräsidenten Ciwan Ibrahim die Erlaubnis, ein Gefängnis zu besuchen. Vor dem Besuch des Gefängnisses im Stadtteil „Qanat al Suwes“ führte ich ein Interview mit der Abteilungsleiterin der Gefängnisse in Rojava, Frau Abir Khalil. Meine Frage, ob es geheime Gefängnisse in Rojava gebe, beantwortete sie gelassen und sicher mit „nein“. Auf diese Aussage reagierte ich grinsend mit einer folgenden Bemerkung: „Alle Machthaber verneinen die Existenz von geheimen Gefängnissen.“ Frau Abir konterte mit einer Aufzählung: Im Kanton Cazira gebe es drei zentrale Gefängnisse, ferner verfüge jede große Polizeistation über Haftzellen für Untersuchungshäftlinge. In keinem der Gefängnisse gebe es politische Gefangene.

Im Gefängnis „Qanat al Suwes“, das ich besuchte, saßen rund 225 Gefangene. Mit einigen von ihnen konnte ich Gespräche führen. Es wurde mir gestattet, in der Zelle zu fotografieren, ohne jedoch die Gesichter der Gefangenen zu zeigen. Der Zustand des Gefängnisses war meines Erachtens zufriedenstellend. Außerdem nutzte ich die Möglichkeit, einen Vortrag für die Gefängnisleitung und die Gefängniswächter über die Bedeutung einer menschenwürdigen Behandlung von Gefangenen und die Verachtung von Folter in Gefängnissen halten.

Bei meinem Abschied sagte mir ein Gefängniswächter, dass bei meinem nächsten Besuch hoffentlich keine Gefängnisse mehr existieren würden. Anstelle von Gefängnissen sollte es Akademien geben, so dass sich die Gefangenen nach ihrer Entlassung wieder in der Gesellschaft zurechtfänden. Da ich gerne provoziere und Missverständnisse vermeiden wollte, reagierte ich mit folgender Bemerkung: „Ich bin mit Ideologien, die versucht haben, einen neuen Menschen zu erziehen, gut vertraut. Ich war nämlich neun Jahre lang in der ehemaligen Sowjetunion. Alle Versuche, einen neuen Menschen hervorzubringen, sind bisher gescheitert, und haben zudem oft in Unmenschlichkeit geendet.“ „Bitte behandelt die Gefangenen gut; das ist das Wichtigste“, fügte ich hinzu.

Die einzelnen Kapitel im Überblick:

Wie alles begann

Semalka: Der einzige Weg nach Rojava

Kurden und ihre Anführer

Feindseligkeiten in Amude

Granaten in Qamischli

Plädoyer für ein multiethnisches und multireligiöses Rojava

Auf jüdischen Spuren in Qamischli

Besuch eines Gefängnisses

Kurdisches Neujahrsfest in Kobani

Militärischer Begleitschutz in Tall Abyad

Das neue Militärbündnis „Syrian Democratic Forces“ in al-Hasakeh

Christliches Leben in al-Hasakeh und Qamischli

Bei den Yeziden

Wie bei Karl May

Rojava-Nordsyrien benötigt unsere Solidarität

 

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