Granaten in Qamischli

Mit meinen ehemaligen Uni-Kommilitonen über den Dächern von Qamischli. In der Stadt, aber auch auf der türkischen Seite hinter der Grenze kommt es immer wieder zu militärischen Auseinandersetzungen. Foto: privat

Von Amude ging es für mich weiter nach Qamischli. Der Aufenthalt dort war nicht ungefährlich. Auf der türkischen Seite der Grenze im Norden von Qamischli liegt die türkisch-kurdische Stadt Nusaybin. Nach der Grenzziehung 1921 zwischen Syrien und der Türkei wurde diese Region willkürlich aufgeteilt. Da die Eisenbahnlinie (die sogenannte Bagdadbahn) zur staatlichen Grenze wurde, lag Nusaybin auf einmal auf der anderen, nämlich der türkischen, Seite. Damals begann die Stadt Qamischli auf der syrischen Seite zu entstehen. Die Kurden bezeichnen bis heute das Kurdengebiet hinter der Eisenbahnlinie, auf der türkischen Seite, als „Serxete“ (deutsch: Oberhalb der Linie).

An den Tagen, an den ich mich in Qamischli aufhielt, konnte ich kaum schlafen, da ich mehrmals in der Minute das Donnern der Artillerie- oder Raketeneinschläge hörte. Das türkische Militär beschoss Nusaybin Tag und Nacht. Immer wieder schlugen Granaten auch in Qamischli, auf der syrischen Seite, ein. Laut Aussagen der in Qamischli ansässigen kurdischen Journalisten geht die türkische Armee in Nusaybin massiv gegen die Zivilgesellschaft vor.

Aber auch Qamischli selbst wird nicht von Kämpfen verschont: Nach meiner Rückkehr aus Nordsyrien kam es in Qamischli am 19. April drei Tage lang zu schwerwiegenden Kämpfen zwischen der kurdischen Polizei Asayish, der YPG und den Regime- Truppen. Später wurde, vermutlich nach russischer Vermittlung, eine Feuerpause vereinbart. Bei den Kämpfen kamen 17 Zivilisten, sieben kurdische Kämpfer und 31 Angehörige des Regimes ums Leben. Zudem gab es viele Verletzte. Außerdem wurden 30 Gefangene aus einem Gefängnis des Regimes befreit. 102 Regime-Angehörige wurden von Kurden gefangen genommen. Die Mehrheit der Zivilbevölkerung in Qamischli unterstützte die vereinbarte Waffenruhe.

Die einzelnen Kapitel im Überblick:

Wie alles begann

Semalka: Der einzige Weg nach Rojava

Kurden und ihre Anführer

Feindseligkeiten in Amude

Granaten in Qamischli

Plädoyer für ein multiethnisches und multireligiöses Rojava

Auf jüdischen Spuren in Qamischli

Besuch eines Gefängnisses

Kurdisches Neujahrsfest in Kobani

Militärischer Begleitschutz in Tall Abyad

Das neue Militärbündnis „Syrian Democratic Forces“ in al-Hasakeh

Christliches Leben in al-Hasakeh und Qamischli

Bei den Yeziden

Wie bei Karl May

Rojava-Nordsyrien benötigt unsere Solidarität

 

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