Inhaftierungen und Organraub: Zur Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden in China

Mit dem Schauprozess gegen Herrn Yuande Ding ist in dieser Woche mit einer Welle von Schauprozessen gegen weitere 21 Falun-Gong-Praktizierende vor dem Wulian Volksgericht in der Stadt Rizhao (der Ostprovinz Shandong) zu rechnen. Auch weitere Personen waren Opfer derselben willkürlichen Inhaftierungswelle. Der GfbV liegt einer Liste der Inhaftierten vor. In Shandong, dem Partnerland von Bayern, sind über 30 deutsche Unternehmen ansässig.

Von Jasna Causevic und Lebin Ding; Foto: Chimp Photography, Flickr CC BY 2.0

Auch chinesische Menschenrechtsanwält*innen haben in China aufgrund ihrer Verteidigung für Falun-Gong-Praktizierende, Bürgerrechtlerinnen, Andersdenkende, andere unterdrückte Gruppen ebenfalls unter Verfolgung des kommunistischen Regimes gelitten. Nachdem der renommierte Menschenrechtsanwalt Gao Zhisheng drei offene Briefe an die chinesische Parteiführung für die Beendigung der Verfolgung von Falun Gong geschrieben hatte, wurde er willkürlich verschleppt, brutal verfolgt und durch Schauprozesse zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt. Er galt als „Chinas Gewissen“ und wurde aufgrund seines Menschenrechtsengagements für den Friedensnobelpreis nominiert. Seine Anwaltslizenz wurde rechtswidrig entzogen und seine Anwaltskanzlei unter Zwang geschlossen. Seit dem 13. August 2017 bleibt Herr Gao spurlos verschwunden. Einer von am 09. Juli 2015 willkürlich verhafteten chinesischen Anwälten war außerdem der Menschenrechtsanwalt Wang Quanzhang. Er steht zusammen mit seinen Familienangehörigen nach seiner Entlassung am 05. April 2020 unter strenger Überwachung. Seinem minderjährigen Sohn ist bisher mehrmals der Schulbesuch verweigert.

Die damalige Parteisekretärin der Stadt Rizhao, die für die willkürliche Inhaftierungswelle von ca. 70 Falun-Gong-Praktizierenden verantwortlich war, wurde im Sommer als Stellvertretende Parteisekretärin der früheren deutschen Koloniestadt Qingdao amtiert, war 1. Parteisekretärin des Militärbezirks in der Stadt Rizhao. Aufgrund der militärischen Verbindung muss man sich zu Recht große Sorgen um das Leben von Herrn Yuande Ding und anderen machen, nicht nur wegen der drohenden Folter, sondern auch des staatlichen Organraubs in China.

Das China-Tribunal unter dem Vorsitz von Sir Geoffrey Nice KC, der die Anklage gegen den serbischen Kriegsverbrechers Slobodan Milosevic vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien leitete, kam in seinem endgültigen Urteil vom 17. Juni 2020 zu dem Schluss, dass in ganz China seit Jahren in erheblichem Umfang erzwungene Organentnahmen durchgeführt werden und dass Falun-Gong-Praktizierende eine – und wahrscheinlich die wichtigste – Quelle für Organtransplantationen sind.

Im Februar 2012 forderte der UN-Sonderberichterstatter Juan E. Méndez die chinesische Regierung als Mitgliedstaat der UN-Antifolterkonvention auf, eine unabhängige Untersuchung der in seinem UN-Sonderbericht über Folter (A/HRC/19/61/Add.4) dokumentierten Todesfälle von Falun-Gong-Praktizierenden in China einzuleiten. Das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, Folter zu verhindern und strafrechtlich zu verfolgen. Die chinesische Regierung muss auch sicherstellen, dass die Familien dieser zur Tode gefolterten Falun-Gong-Praktizierenden Wiedergutmachung, einschließlich einer gerechten und angemessenen Entschädigung, und eine möglichst vollständige Rehabilitation erhalten.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) fordert die Europäische Kommission, die deutsche und europäischen Regierungen auf, sich für die Freilassung von Herrn Yuande Ding und sich auf allen Ebenen für die Freiheit der andauernden Verfolgung von Falun-Gong-Praktizierenden in China dringend einzusetzen, sich mit der marginalisierten und kaum beachteten Glaubensgemeinschaft Falun-Gong zu solidarisieren und diese mit allen möglichen Mitteln zu schützen. Die über 100 verschiedene Foltermethoden, die ursprünglich gegen Falun-Gong-Praktizierende eingesetzt wurden, sind mittlerweile an Uigurinnen, Bürgerrechtlerinnen, Andersdenkenden, und Menschenrechtsanwältinnen in China verwendet worden. Es ist unerträglich, dass die Menschenrechtsverletzungen gegen Minderheiten und Glaubensgemeinschaften so selektiv wahrgenommen werden und das Mitgefühl des Westens nur einigen Minderheitenidentitäten gilt, während man anderen mit Misstrauen, Gleichgültigkeit oder Ambivalenz begegnet.

Nach Artikel 18 Allgemeine Erklärung der Menschenrechte/AEMR) [hat] „jeder Mensch […] Anspruch auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder seine Überzeugung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, in der Öffentlichkeit oder privat, durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Vollziehung von Riten zu bekunden.“ Die AEMR sollte uns verpflichten, dass wir uns für eine Welt ohne Menschenrechtsverletzungen einsetzen, eine Welt, in der die Rechte aller Menschen geachtet werden. In China sind diese Rechte der Falun-Gong-Praktizierenden seit 20. Juli 1999 vom chinesischen kommunistischen Regime willkürlich verboten.

Über Falun-Gong:

Falun Gong-Praktizierende glauben an die Prinzipen Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht, die den Theorien und Prinzipien der Kommunistischen Partei Chinas widersprechen. Die Kommunistische Partei sieht die Partei als höchste Instanz an und duldet nichts, was über ihr steht. Der Glaube von Falun-Gong an einen Schöpfer und die große Beliebtheit in der Bevölkerung vor 1999 war ihnen ein Dorn im Auge. Auch wuchs die Anzahl der Falun Gong-Praktizierenden innerhalb von 7 Jahren rasant auf 70 bis 100 Millionen Anhänger an, was bedeutete, dass es 1999 mehr Falun Gong-Praktizierende gab als die Kommunistische Partei Mitglieder hatte. (Laut der KP Chinas waren es ca. 70 bis 100 Millionen Falun Gong-Praktizierende, während die KP Chinas nur 60 bis 80 Millionen Mitglieder hatte.)

Das sind die Gründe, warum Falun-Gong nicht nur unterbunden, sondern sogar ausgelöscht werden sollte. Obwohl Falun-Gong vor 1999 von der Kommunistischen Partei mehrmals ausgezeichnet wurde, begann mit dem Befehl des damaligen Parteiführers Jiang Zemin „Zerstört ihren Ruf, ruiniert sie finanziell und vernichtet sie physisch!“ eine beispiellose Verfolgung.

Kommentar verfassenAntwort abbrechen