Landraub bedroht indigene Völker in Costa Rica

Costa Rica ist bei den meisten Menschen vor allem für seine wunderschönen Strände bekannt. Doch nur wenige wissen über die Diskriminierung Bescheid, der sich indigene Völker gegenübersehen. Zwar wird ihnen immer wieder von der Regierung Unterstützung zugesagt, jedoch kommt diese nur selten bei den indigenen Gemeinschaften an. Ein besonders großes Problem ist der Landraub, mit dem viele indigene Gruppen immer noch zu kämpfen haben. Dies geht häufig auch mit einer großen Gewaltbereitschaft der illegalen Siedler*innen einher und führt schlimmstenfalls zum Tod der indigenen Aktivst*innen.

Von Paula Fischer; Foto: GfbV-Archiv

Costa Rica ist ein kleines Land im Herzen Zentralamerikas. Bei vielen Tourist*innen ist es bekannt als eines der grünsten Länder der Welt oder auch als die Schweiz Mittelamerikas. Schon vor Jahrzehnten haben sie ihre Armee abgeschafft und dieses Geld stattdessen in ihr Gesundheits- und Bildungssystem investiert. Es gilt als eines der sichersten Länder in Süd- und Zentralamerika, weswegen es bei vielen Reisenden ein beliebtes Ziel ist. Zusätzlich scheinen hier einige der glücklichsten Menschen der Welt zu leben, zumindest laut des Happy Planet Index. Die Einwohner*innen, auch Ticos/Ticas genannt, schreiben dies auch teilweise dem inoffiziellen Motto Costa Ricas zu. Es lautet „Pura vida“ oder übersetzt „pures Leben“. Die belebte Kultur Costa Ricas wird unter anderem auch durch die unterschiedlichen indigenen Völker des Landes bereichert. Insgesamt leben acht verschiedene indigene Völker im heutigen Costa Rica, von denen fünf immer noch ihre eigene Sprache sprechen. Allerdings sterben diese einzigartigen indigenen Sprachen langsam aus. Neben ihren Sprachen ist auch häufig ihr Land bedroht. Die indigenen Territorialrechte in Costa Rica werden ständig verletzt, was unter anderem daran sichtbar wird, dass in manchen Gebieten über die Hälfte des indigenen Gebietes von nicht-indigenen Siedler*innen besetzt wird.

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Indigene Völker

Die Rechte indigener Völker, besonders ihre Landrechte, werden von denen, die politische und finanzielle Macht haben, stark eingeschränkt. Dieses Handeln hat seinen Ursprung im Rassismus sowie im privaten Sektor, wo mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit für Indigene als Bedrohung für wirtschaftlich erträgliche Geschäfte wie den Bergbau angesehen wird. Die indigenen Territorien gehören zu den am dichtesten bewaldeten und ärmsten Regionen des Landes. Gleichzeitig sind diese Gebiete auch häufig reich an Biodiversität, was für einige Großkonzerne wie beispielsweise Pharmaunternehmen von hoher Bedeutung ist. Insgesamt gibt es 24 indigene Territorien in Costa Rica, die meisten von ihnen wurden in den 60er und 70er Jahren etabliert.

Vorwürfe der Indigenen Gemeinschaften

Ein Vorwurf indigener Aktivist*innen gegenüber der Regierung ist, dass es häufig scheint, als würden Indigene in den Plänen der Regierung vergessen werden. Die Regierung Costa Ricas genießt einen guten Ruf in der Region für ihre Sozialpolitik, aber doch scheinen sie gezielt indigene Gruppen von eben dieser auszuschließen. Indigene haben beispielsweise einen schlechteren Zugang zu fließendem Wasser, Strom, Bildung und Krankenhäusern als andere Bevölkerungsgruppen im Land. Zu diesen alltäglichen Diskriminierungen kommen Eingriffe in die territoriale Integrität von indigenen Völkern hinzu. Ihre Territorien weisen legalen Status auf, aber dennoch werden ihre Rechte häufig durch die costa-ricanische Regierung verletzt. Diese plant staatliche Großprojekte wie Staudämme und lässt die Invasion nicht-indigener Agrarkolonist*innen zu oder vergibt die Nutzungsrechte des Landes an Agrarkonzerne. Ein prominentes Beispiel hierfür ist der Konzern Pineapple Development Corporation (PINDECO), der eine Tochterfirma von Del Monte ist. Dieser Großkonzern hat im Süden des Landes ungefragt Plantagen in Gebieten angelegt, die rechtmäßig Indigenen zustehen. Großunternehmer wie Del Monte aber auch Rinderzüchter und andere Agrarunternehmen haben sehr viel politischen Einfluss und laut indigenen Aktivst*innen ist dies der Grund, warum sich die Regierung noch nicht um das Landproblem gekümmert hat.

Gewalt gegen Aktivist*innen

Die indigenen Aktivist*innen, die sich für ihre Landrechte einsetzen, fürchten um ihr Leben. Besonders die indigenen Gemeinschaften der Bribrí und Bröran sind von Gewalttaten betroffen. Anfang dieses Jahres wurde der Aktivist Jehry Rivera von einem mit Macheten, Stöckern, Steinen und mindestens einer Schusswaffe bewaffneten Mob angegriffen. Er hatte sich für die Landrechte der Bröran in der Region Puntarenas eingesetzt. Am 24. Februar wurde  er erschossen. Videos, die von Augenzeugen gemacht wurden, zeigen den Angriff und dass ganz in der Nähe des Ortes, wo der Angriff stattfand, ein Polizeiauto geparkt war. Trotz möglicher Augenzeugen wurde niemand im Fall Jehry Rivera verhaftet. Die Ermordung Jehry Riveras kam nur zwei Wochen nachdem ein Angehöriger des indigenen Volkes der Bribrí, Mainor Ortiz Delgado, durch eine Schussverletzung verwundet wurde. Trotz einer Identifizierung des Täters wurde diesem nur angeordnet, sich von Delgado und seiner Familie fernzuhalten und die Bribrí nicht weiter zu bedrohen.  Ein weiterer Fall, der bis heute ungelöst bleibt, ist die Ermordung von Sergio Rojas, der Teil des Bribrí Volkes war. Am 18. März 2019 wurde der Aktivist in seinem Haus erschossen. Dies war nicht der erste Versuch, Rojas zum Schweigen zu bringen. Er hatte bereits einen vorherigen Anschlag auf sein Leben überlebt. Dies sind die extremen Beispiele von Gewalt, der sich indigene Gemeinschaften und besonders Aktivist*innen gegenübersehen.

Was unternimmt die Regierung?

Indigene Verbände werfen der Regierung Fahrlässigkeit vor. Es ist allgemein bekannt ist, dass geschätzte 85% des Landes, das indigenen Völker zusteht, von nicht-indigenen Siedler*innen besetzt wird. Zudem ist der Regierung bekannt, dass sich die Siedler*innen häufig gewaltbereit gegenüber den indigenen Gemeinschaften zeigen. Zusätzlich bleibt den Indigenen das Recht auf Gerechtigkeit verwehrt, da mit Gewalttaten gegenüber Indigenen häufig eine Straflosigkeit der Täter*innen einhergeht. In den meisten Fällen von Gewalt gegen Indigene wird niemand verurteilt und das, obwohl die Täter*innen manchmal bekannt sind, wie beispielsweise in Delgados Fall. Die Regierung Costa Ricas hat zwar die UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker unterschrieben sowie die Konvention 169 der Internationalen Arbeitsorganisation (Konvention über indigene und in Stämmen lebende Völker) ratifiziert, doch es mangelt noch stark an der Umsetzung.


Quellen

https://www.worldatlas.com/articles/what-languages-are-spoken-in-costa-rica.html

https://amerika21.de/2014/07/103334/verfassungsreform-costa-rica

https://www.ticotrotter.com/de/beticotrotter/ticotrotter-lexikon/detail/detail.indigene-bev%C3%B6lkerung-costa-rica.html

https://www.fairaway.de/costa-rica-glueckliches-land/

https://pixabay.com/de/photos/costa-rica-pflanze-strand-palme-4018153/

https://www.refworld.org/docid/3f7d4d8231.html

https://thecostaricanews.com/the-pinera-controversy-is-their-produce-as-sweet-as-it-seems/

Bribrí women commemorate Sergio Rojas and vow to keep his fight alive

Another indigenous man killed in Costa Rica’s southern zone

https://www.theguardian.com/environment/2020/feb/25/costa-rican-indigenous-land-activist-killed-by-armed-mob

https://www.frontlinedefenders.org/en/profile/mainor-ortiz-delgado

https://www.culturalsurvival.org/news/another-bribri-land-defender-shot-costa-rica

https://www.forestpeoples.org/en/costa-rica-international-organisations-call-for-protection-indigenous-defenders

https://www.theguardian.com/world/2020/feb/17/costa-rica-indigenous-leader-shot-land-rights

IACHR mission visits Costa Rica to evaluate protections for indigenous communities

http://www.forestpeoples.org/en/lands-forests-territories-inter-american-human-rights-system/press-release/2020/one-year-after

https://www.iwgia.org/en/costa-rica.html

https://www.ilo.org/dyn/normlex/en/f?p=NORMLEXPUB:12100:0::NO::P12100_ILO_CODE:C169

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