Sarah Reinke, unsere Russland-Spezialistin und Leiterin des Berliner GfbV-Büros, dokumentiert auf unserem Blog seit September 2014 jeden Monat die Menschenrechtssituation in Russland und der Ukraine. Alle Chroniken im Überblick gibt es hier: Russland-Ukraine-Chronik
Foto: Tailex via iStock
15.06.2016
Russischer Oppositionspolitiker in Uljanowsk angegriffen
Drei unbekannte Männer haben den Oppositionspolitiker der Parnas-Partei, Alexander Bragin am Dienstag in Uljanowsk angegriffen. Er verließ gerade sein Haus als er in den Rücken gestoßen und niedergeschlagen wurde. Drei Männer begannen dann auf ihn einzuschlagen. Als Bragins Nachbar den Angriff sah und um Hilfe rief, flohen die Angreifer. Bragin ist ein Berater des Bürgermeisters und gehört der oppositionellen Parnas Partei an.
15.06.2016
Gennadi Afanasjew und Juri Soloschenko zurück in der Ukraine
Am 14. Juni kamen Gennadi Afanasjew und Juri Soloschenko aus russischer Haft frei und wurden in die Ukraine geflogen. Dort traten sie gemeinsam mit Präsident Petro Poroschenko vor die Presse. Die beiden Gefangenen wurden gegen Jelena Glischinskaja und Vitali Didenko, die in ukrainischer Haft waren, eingetauscht. Beide waren angeklagt worden, die Separatisten unterstützt zu haben. Der russische Präsident Putin hatte Soloschenko und Afanasjew begnadigt. Afanasjew war im Mai 2014 auf der Krim festgenommen worden. Soloschenko war mit seinen 73 Jahren der älteste ukrainische Gefangene in russischer Haft. Der Gefangenenaustausch fand nur drei Wochen nach dem Austausch Nadja Sawtschenkos statt.
15.06.2016
Waffenhandel in Donetsk und Lugansk
Das Nachrichtenportal Radio Free Europe, Radio Liberty veröffentlichte einen Bericht über den angestiegenen Waffenhandel in den Kriegsgebieten im Osten der Ukraine. Viele Waffen seien unkontrolliert im Umlauf und fänden ihren Weg auch in andere Teile der Ukraine, wo die Rate an Gewaltverbrechen auch deswegen gestiegen sei. Nun bestehe auch die begründete Sorge, dass diese Waffen Westeuropa erreichten und dort in die Hände von IS Terroristen gelangten. So wurde Gregoire Moutaux. ein Franzose am 21. Mai an der polnisch-ukrainischen Grenze gestoppt. Im Gepäck hatte er 125 kg Sprengstoff, fünf AK Maschinengewehre, zwei Granatenwerfer, 5000 Schuss Munition. Alleine 500.000 Schusswaffen sollen in die umkämpften Gebiete geschmuggelt worden sein, so ukrainische Quellen. Nun wird befürchtet, dass diese Waffen irgendwann auf dem Schwarzmarkt landen und in falsche Hände gelangen könnten. Ein Report vom Juli 2015 zeigte auch, dass die Verbrechen, bei denen Schusswaffen eingesetzt wurden, in der Ukraine massiv angestiegen sind. Auch Russland beobachtet einen verstärkten Schmuggel von Waffen zurück über die ukrainische Grenze nach Russland. Solange Russland den Konflikt in den umkämpften Gebieten weiter befeuert, wird niemand den Waffenschmuggel kontrollieren können, meint der Experte des Atlantic Council. (Mehr dazu.)
15.06.2016
Prozesstermin im Gerichtsverfahren gegen vier Krimtataren, die angeklagt werden, Mitglieder der in Russland verbotenen Organisation Hizb ut Tahrir zu sein
In Rostov am Don stehen Ruslan Zeitullajev, Nuri Primov, Rustem Vaitov und Ferat Saifullajev vor Gericht. Ihnen drohen wegen „Terrorismus“ hohe Haftstrafen. Die Anhörungen zeigen jedoch, dass die Zeugen gar keine Aussagen gegen die Angeklagten tätigen können, teils verweigern sie insgesamt die Aussage. Es liegen nicht einmal Beweise darüber vor, dass die vier jungen Krimtataren Mitglieder von Hizb ut-Tahrir sind. Insgesamt sind 14 Männer wegen “Terrorismus” angeklagt. Emil Kurbedinov, bekannter Menschenrechtsanwalt auf der Krim, darf nur Zeitullajew verteidigen. Auch er berichtet, dass keine substantiellen Aussagen gegen seinen Mandanten vorliegen.
13.06.2016
Krim: Russisches Soldatendenkmal enthüllt
Bei der Enthüllung des umgerechnet rund 70.000 Euro teuren Bronze-Standbilds im Zentrum von Simferopol war auch der Krim-Beauftragte des Kremls Belawenzew anwesend. Er erklärte, ohne die Hilfe russischer Militäreinheiten hätten ukrainische Nationalisten die Macht auf der Krim übernommen. Das Denkmal erinnert an diese russischen Soldaten, die die Annexion durchgesetzt haben.
13.06.2016
Gegner der Annexion der Krim aus der Duma ausgeschlossen
In der Duma hatte der Abgeordnete Ilja Ponomarjow als einziger Politiker gegen die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim gestimmt – nun stimmte die Mehrheit der Abgeordneten für seinen Ausschluss aus dem russischen Parlament. 413 Unterhaus-Abgeordnete votierten am Freitag für den Ausschluss ihres unliebsamen Kollegen. Nach Angaben des Oppositionsvertreters Dmitri Gudkow stimmten nur drei Abgeordnete gegen den Ausschluss Ponomarjows.
10.06.2016
Vermisster Student tot aufgefunden
Der seit dem 4. Juni vermisste Student Dschochar Mejasanov wurde gestern tot aufgefunden. Er sei von einem Felsen am Fuß des Ai-Petri Berges abgestürzt, so die offizielle Verlautbarung. Die Mutter hat den Leichnam identifiziert.
09.06.2016
Vermisster Student Dschochar Meljasanov
Auf der Krim wird der 20-jährige Student Dschochar Meljasanov vermisst. Am 4. Juni haben ihn seine Kommilitonen zum letzten Mal gesehen. Heute hatten die Kommilitonen die Mutter informiert, dass Meljasanov nicht in das Studentenwohnheim zurückgekommen sei. Eltern und Freunde sind in großer Sorge, da es immer wieder zu Verschleppungen oder Entführungen von Krimtataren kommt. So wird Ervin Ibragimov, der am 25. Mai verschleppt worden war, immer noch vermisst.
08.06.2016
Entführung Ervin Ibragimovs
Vor zwei Wochen, am 24. Mai 2016b um 23 Uhr, wurde Ervin Ibragimov entführt. Er ist ein Mitglied des Vorstands des Weltkongresses der Krimtataren, ehemaliger Abgeordneter im Bezirksrat der Stadt Bachtschissaray und Mitglied es lokalen Medschlis. Dieser Fall unterscheidet sich von den anderen Entführungsfällen: Es liegen Beweise vor, dass lokale Sicherheitskräfte an der Entführung beteiligt waren. Die Überwachungskameras haben aufgezeichnet, wie Personen Ibragimov packten, versuchten ihn in einen Minibus zu zerren, er versuchte zu entkommen, die Männer ihn jedoch überwältigten und gewaltsam in den Minibus bugsierten, der in Richtung des Waldes um Bachtschissaray weg fuhr. Am 17. Mai hatte Ibragimov noch Freunden erzählt, er habe das Gefühl, verfolgt zu werden. Der „Skoda Octavia“, den er mehrere Tage beobachtet habe, habe das Kennzeichen „A6 Room 350“. Nach dem Verschwinden seines Sohnes ging der Vater sofort zur Polizei in Bachtschissary und zeigte das Verbrechen an. Auch an den Geheimdienst FSB wandte er sich, doch dort wurde ihm nicht zugehört. Am 27. Mai versammelten sich Freunde und Verwandte des Verschleppten vor dem Gebäude des Innenministeriums in Bachtschissaray und verlangten die Freilassung des jungen Mannes. Alle Versuche ihn zu finden, waren bislang erfolglos. Nur sein Pass, sein Führerschein und Arbeitsbuch wurden eine Woche nach der Entführung nahe der Bar „Arpat“ in Bachtschissaray gefunden und der Polizei übergeben. Ervin Ibragimov setzte sich gerade in den Tagen vor seinem Verschwinden aktiv für die Rechte der Krimtataren ein. Für den 25. Mai (den Tag nach der Entführung) hatte er geplant, nach Sundak zum Gerichtsverfahren gegen eine Gruppe von Krimtataren zu fahren, auch an weiteren Gerichtsterminen hatte Ervin teilgenommen. Daher haben auch andere politisch aktive Krimtataren diese Entführung in Verbindung mit dem Engagements Ibragimovs gebracht. Keiner der rund zwei Dutzend Entführungsfälle an Krimtataren ist bislang aufgeklärt worden.
08.06.2016
Nadja Sawtschenko: Direkte Gespräche mit Anführern der Separatisten
In einem Radiointerview am 7. Juni sagte die kürzlich aus russischer Haft frei gekommene Nadja Sawtschenko, sie sei bereit zu direkten Gesprächen mit Aleksandr Zacharchenko und Igor Plotnitski, den Anführern der Regionen Donetsk und Lugansk. Direkte Friedensgespräche könnten effektiver sein als die unproduktiven Gespräche im Minsk-Format, die Russland, die Ukraine, Frankreich und Deutschland eingeschlossen hatten. „Der erste Schritt ist die Verlängerung der Sanktionen gegen Russland, weil Russland noch nicht versteht, dass es zurück treten muss. Der zweite Schritt ist eine direkte Kommunikation mit den Separatisten (…)“, so Sawtschenko. Sie sei persönlich bereit zu solchen Gesprächen, betonte die frühere Kampfpilotin.
03.06.2016
Direktorin der Bibliothek für ukrainische Literatur immernoch unter Hausarrest – Bücher sollen “extremistisch” sein
Evgenij Tarasov sollte im Auftrag des zuständigen Gerichts eine „psycholinguistische“ Untersuchung von 24 Büchern aus der Moskauer Bibliothek für ukrainische Literatur durchführen. Kaum überraschend kam er zu dem Schluss, dass 22 von ihnen „extremistisch“ seien, darunter die Kinderzeitschrift „Barvinok“. Unterdessen ist Natalja Scharina, die Leiterin der Bibliothek, seit sieben Monaten unter Hausarrest. Sie war nach einer Hausdurchsuchung unter Artikel 282, § 2b des russischen Strafgesetzbuches (Verursachen von nationalem Hass, untergraben der menschlichen Würde) angeklagt.
03.06.2016
Europaparlament erneuert Kontakt zu Kollegen in russischer Duma
Nach der Annexion der Krim hatte das europäische Parlament die Kontakte zu den Parlamentariern in der russischen Staatsduma abgebrochen. Das soll sich jetzt – mit Ausnahme der Personen, die auf der EU-Sanktionsliste stehen – ändern. So entschied es die Konferenz der Präsidenten des Europäischen Parlamentes am 2. Juni. Diese besteht aus dem Parlamentspräsidenten und den Vorsitzenden der acht im Europäischen Parlament vertretenen Parteien. Ein Mitglied des Parlamentes soll zur Konferenz der Parlamentarier der Arktis, die vom 14.-16. Juni in Russland stattfindet, entsandt werden. Duma-Abgeordnete sollen auch zu einer Konferenz in Brüssel über die im September bevorstehenden Wahlen in Russland eingeladen werden.
02.06.2016
230.000 Kinder wegen des Krieges im Osten der Ukraine zu Flüchtlingen geworden
Die UN-Kinderhilfswerk UNICEF gibt an, dass 580.000 Kinder, die in der Nähe der Frontlinie in der Ukraine oder in Gebieten, die nicht mehr von der Ukraine kontrolliert werden, leben, von den Kämpfen betroffen waren oder sind. Mindestens 230.000 Kinder wurden durch den Krieg zu Flüchtlingen, die in anderen Regionen der Ukraine leben.Giovanna Barberis, die UNICEF-Repräsentantin in der Ukraine nannte diese Zahlen.
02.06.2016
Vier Krimtataren beteuern ihre Unschuld
Am 1. Juni 2016 während des ersten Verhandlungstags im Gericht in Rostov am Don, gegen vier junge Krimtataren, die zwischen Januar und April 2016 unter dem Verdacht, der in Russland verbotenen Organisation Hizb ut-Tahrir anzugehören, festgenommen wurden, sagten die Verhafteten, sie seien unschuldig. Am 12. Mai wurden weitere vier Krimtataren festgenommen auch wegen angeblicher Mitgliedschaft bei Hizb ut-Tahrir. Seit dem 24. Mai wird der krimtatarische Aktivist Ervin Ibragimov auf der Krim vermisst. Er war nach Zeugenaussagen vom russischen Geheimdienst verschleppt worden.
02.06.2016
Vergewaltigt und ermordet, 35-jährige Krimtatarin aufgefunden
Am 29. Mai 2016 wurde Mumina Alieva im Dorf Izjumovka auf der Krim vergewaltigt und ermordet. Am 30. Mai fand ihre Beerdigung im Beisein hunderter Krimtataren statt. Ein Verdächtiger aus ihrem Dorf wurde festgenommen. Sein Motiv soll Habsucht gewesen sein, er habe die junge Frau ausgeraubt. Krimtataren fragen sich, ob die pro-russischen Behörden in diesem Fall richtig ermitteln, Habsucht erklärt nicht die Vergewaltigung und Ermordung der jungen Frau, so ihre Meinung.
02.06.2016
Mann in Tschetschenien, der der Regierung Korruption vorgeworfen hatte, entschuldigt sich
Am 30. Mai 2016 strahlte das Fernsehen in Tschetschenien die Entschuldigung von Ramazan Dzhalaldinov an den tschetschenischen Regierungschef Ramzan Kadyrow aus. Dzhaladinov hatte Kadyrow bzw. die lokalen Behörden am 14. April in einem an den russischen Präsidenten Putin gerichtetem Video wegen Korruption kritisiert. Deswegen waren er und seine Familie verfolgt, sein Haus niedergebrannt worden. Er musste aus Tschetschenien nach Dagestan fliehen, weil er Angst um sein Leben hatte. Schon mehrfach hatte Kadyrow diese beschämenden öffentlichen Entschuldigungen gegen angebliche Kritiker seines Systems eingesetzt.