Ukraine/Russland: Chronik der Ereignisse im September 2015

Sarah Reinke, unsere Russland-Spezialistin und Leiterin des Berliner GfbV-Büros, dokumentiert auf unserem Blog seit September 2014 jeden Monat die Menschenrechtssituation in Russland und der Ukraine. Alle Chroniken im Überblick gibt es hier: Russland-Ukraine-Chronik

Foto: Flickr/Dieter Ziernig

30.09.2015

Einigung: Russland und Ukraine vereinbaren Waffenabzug

Moskau und Kiew haben sich geeinigt. Die OSZE teilte mit, dass beide Parteien Panzer und andere Waffen aus dem ostukrainischem Kampfgebiet abziehen. Auch Delegierte der prorussischen Separatisten kündigten eine Unterzeichnung der Übereinkunft an. Der Deal kam in der sogenannten Kontaktgruppe in Minsk zustande. Seit dem 1. September wurde eine neue Feuerpause zwischen den Fronten durchgesetzt, die bislang gehalten hat. Bei der Einigung auf einen Waffenabzug handelt es sich demnach um eine weitere wichtige Ergänzung des Waffenstillstands im Osten der Ukraine.

Mitte September hatten die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, der Ukraine und Russlands bei einem Treffen in Berlin Hoffnung auf einen baldigen Abzug der Waffen von der Front geweckt. Die Gespräche sollten sich allerdings noch über zwei Wochen hinziehen. Gestern Abend meldete schließlich der OSZE-Unterhändler Martin Sajdik, dass die Einigung der Kontaktgruppe den Rückzug von Panzern, Artillerie sowie Mörsergranaten um mindestens 15 Kilometer von der Frontlinie vorsehe. Sajdik erklärte weiter, die OSZE werde den Abzug der Waffen überwachen. Um eine politische Lösung des Krieges voranzutreiben, kommen am Freitag die Regierungsvertreter aus Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich in Paris zusammen.

30.09.2015

Sawtschenko: „Sie können mich Artilleriebeobachter nennen“

Die Anhörung am 29. September in der Gerichtsverhandlung von Nadija Sawtschenko bestätigt, in welchem Maße das Gericht und die Staatsanwaltschaft im Einklang arbeiten. Die Verhandlung gegen die ehemalige ukrainische Militärpilotin Sawtschenko wurde gestern fortgesetzt. Sie war im Juni 2014 in Lugansk von militanten Kremlanhängern verhaftet worden. Mehrere Beweismaterialien wurden von den Richtern nicht zugelassen. Nicht einmal die Verwendung von google maps ist gestattet, um ihren Aufenthaltsort zur Tatzeit anzugeben. Weitere detaillierte Informationen zum Fall Sawtschenko gibt es hier.

30.09.2015

Geiselnahme: Evangelischer Pfarrer von militanten Kremlanhängern festgenommen

Der evangelische Pastor Taras Sen wurde im Osten der Ukraine von Milizen aufgegriffen. Seine Gemeinde berichtet, dass Taras Sen am Sonntag, dem 27. September 2015, in der Stadt Swerdlowsk in Lugansk von bewaffneten militanten Kremlanhängern als Geisel genommen wurde. Taras soll seit Beginn des „bewaffneten Angriffs“ einer der aktivsten Religionsvertreter in den besetzten Gebieten gewesen sein. Die Kirche in Swerdlovsk hat ihre wichtige soziale Arbeit auch während des militärischen Konflikts fortgesetzt. Dazu gehören Verpflegung und Hilfe für die Bedürftigen. Seitdem Russland die Krim annektiert hat, werden religiöse Gruppen, außer die der Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats, verfolgt und diskriminiert. Eine aktuelle Studie mit dem Titel: ‘When God becomes the weapon’ identifiziert die systematische und weit verbreitete religiöse Verfolgung und weist darauf hin, dass die Religion eine der größten Motive für kriminelle Aktivitäten durch rechtswidrige paramilitärischen Gruppen sei. Die bewaffneten Kämpfer sind verantwortlich für Angriffe auf Kirchen, Entführungen und Folterungen von Kirchenvertretern in der Ukraine.

29.09.2015

Václav Havel Menschenrechtspreis geht an Ludmilla Alexejewa

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates (PACE) hat Ludmilla Alexejewa mit dem Václav Havel Menschenrechtspreis ausgezeichnet. Die 88-jährige Veteranin der sowjetischen Dissidentenbewegung und russische Menschenrechtsverteidigerin erhielt die Auszeichnung am 28. September im Rahmen der PACE-Sitzung in Straßburg. Die PACE-Präsidentin Anne Brasseur sagte zu ihr, dass sie „viele Aktivistengenerationen nicht nur in Russland, sondern auch im Ausland inspiriert habe, um sich im Kampf für Gerechtigkeit zu engagieren.“ In einer emotionalen Rede vor der Versammlung sagte Alexejewa: „Der Erhalt des Preises war eine Anerkennung aller russischen Menschenrechtsverteidiger, die unter schweren Bedingungen arbeiten.“ Sie verurteilte das scharfe Vorgehen gegen die Zivilgesellschaft Russlands und die Zerstörung der Nicht-Regierungsorganisationen durch die Verabschiedung des „ausländisches Agenten Gesetzes“ im Jahr 2012.

Ludmilla Alexejewa trat in den 1960er Jahren der sowjetischen Dissidentenbewegung in den 1960er Jahren bei, bevor sie Gründungsmitglied der Moskauer Helsinki Watch Group wurde. Nachdem sie 1977 von den Machthabern der Sowjetunion gezwungen wurde, in die USA zu emigrieren, kehrte sie 1989 in ihre Heimat zurück. Dort nahm sie ihr großes Engagement für die Durchsetzung der Bürger- und Menschenrechte wieder auf. In ihrer Dankesrede sagte Alexejewa, dass sie in naher Zukunft keine Verbesserung für die russische Zivilgesellschaft sähe“, aber „optimistisch“ bleibe, was die langfristigen Perspektiven angehe.

29.09.2015

Blockade der Krimtataren hält weiter

Seit einer Woche blockieren Krimtataren die Grenzübergänge zwischen der Krim und der Ukraine. Nicht ein einziger Lastwagen mit ukrainischen Waren kommt seitdem auf die Halbinsel, sagte der Medschlis Vorsitzende Refat Tschubarov. Die Einfuhr von Schmuggelware wurde ebenfalls unterbunden. Vor den Grenzübergängen hat sich eine LKW-Schlange gebildet. Andere LKWs sind umgekehrt, um verderbliche Ware zu retten. Wartende haben ein Zeltlager aufgebaut. Der erste stellvertretende Vorsitzende des Medschlis, Nariman Dscheljalow erklärte, die Aktion sei unbefristet.
Mit ihrer Aktion wollen die Krimtataren politischen Forderungen Nachdruck verleihen und ihre fünf Ziele durchsetzen. Seit dem Beginn der Blockade am 20. September haben sich diesem Protest mehrere patriotische Organisationen, einschließlich 100 Mitglieder des freiwilligen Bataillons Kherson sowie Polizisten angeschlossen. Tschubarov fordert außerdem die Stromlieferungen auf die Krim zu unterbrechen.

29.09.2015

Ostukraine: zahlreiche Hilfsorganisationen ausgewiesen

Nach monatelangen Kämpfen ist die Infrastruktur in der Ostukraine nahezu ruiniert. Nun steht auch die wichtige Hilfe internationaler Organisationen für die notleidende Bevölkerung vor dem Aus. Trotz der humanitären Katastrophe in vielen Gebieten gerade in der Nähe der ehemaligen Frontlinie, haben jetzt Separatisten zahlreiche internationale Hilfsorganisationen aus diesen Gebieten ausgewiesen. Das Verbot betreffe zudem auch Mitarbeiter der Vereinten Nationen, sagte UN-Nothilfekoordinator Stephen O´Brien. Weiterhin wurden Anträge von UN-Mitarbeitern und NGOs, die der Ostukraine humanitäre Hilfe anboten, von den prorussischen Separatisten zurückgewiesen. Die einzige zugelassene Organisation sei das Internationale Rote Kreuz. Auch die tschechischen Helfer von People in Need müssen ausreisen. „Wir sind uns keiner Verstöße bewusst. Gegen internationales Recht verstößt eher die andere Seite”, sagte der Leiter Simon Panek in Prag. Er sorge sich nun um alte und kranke Menschen. „Ich weiß nicht, wie die dortige Führung nun vor dem Winter die humanitäre Hilfe sichern will”, meinte Panek. EU-Kommissar Christos Stylianides warnte vor den Folgen. Hilfe müsse so schnell wie möglich wieder anlaufen können. Auch der US-Botschafter in Kiew sprach von einem Verstoß gegen das Minsk || Abkommen. Vor allem alte Menschen in der Ostukraine, die nicht in der Lage sind zu fliehen, benötigen dringend diese Hilfe.

23.09.2015

Wort „Medschlis“ soll in Medien auf der Krim nicht mehr verwendet werden

Das Ministerium für Innenpolitik und Information verschickte an die Medien auf der Krim einen Brief mit der „Empfehlung“ das Wort „Medschlis“ nicht mehr zu verwenden. Der Brief geht auf die „Generalstaatsanwältin“ der Krim, Natalja Pokolonskaja zurück. Es gäbe keinen Medschlis der Krimtataren, wird hier argumentiert. Es gäbe in der Russischen Föderation einen Medschlis der Tataren aus Tatarstan und einen der Tataren in Moskau.

23.09.2015

Sawtschenko fordert Lügendetektortests für alle Zeugen

Am 22. September begann die Gerichtsverhandlung gegen Nadija Sawtschenko. Möglich sind 25 Jahre Haft. Journalisten sind im Gerichtssaal nicht zugelassen, sie müssen sich mit einer Videoübertragung zufrieden geben. Die ukrainische Pilotin wird beschuldigt, am Tod von zwei russischen Journalisten im Osten der Ukraine Schuld zu haben. Dafür fehlen jedoch jegliche Beweise. Widerrechtlich wurde Sawchenko entführt, in einem Moskauer Gefängnis festgehalten. Nun fordert sie, dass alle Zeugen, die gegen sie aussagen werden, mit dem Lügendetektor getestet werden sollen. Am 17. September hat die EU Russland in einer Erklärung nochmals daran erinnert, dass eine der Anforderungen des Minsker Abkommens die „Freilassung aller Geiseln und illegal inhaftierten Personen “ ist. Alle demokratischen Staaten haben die Freilassung von Sawchenko, Oleg Sentsov , Oleksandr Kolchenko und anderen „unrechtmäßig eingesperrten ukrainischen Bürgern in Russland und auf der annektierten Halbinsel Krim“ gefordert.

23.09.2015

Refat Tschubarow: Blockade wird fortgesetzt

„Bislang ist es ruhig, aber die schweren Tage liegen noch vor uns.“ So bilanziert der Präsident des Medschlis der Krimtataren, Refat Tschubarow in einem Interview die Situation an den Übergängen von der Ukraine zur Krim. Das Medienecho habe gezeigt, dass viele Menschen die Blockade unterstützen und auch, dass durch sie die Okkupation der Krim wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt wurde. Tschubarow dankt jenen, die die Blockade unterstützen und fordert weitere Teilnehmer, denn die Aktion sei auf lange angelegt und dass sie eine effektive Maßnahme sei, zeigten auch die hysterischen Reaktionen der Machthaber auf der Krim.

18.09.2015

Russland nimmt Menschenrechtsaktivisten fest

Ein Moskauer Gericht hat einen führenden Menschenrechtsaktivisten wegen des Verdachts auf Betrug in Untersuchungshaft genommen. Ermittler behaupten, dass der stellvertretende Leiter des Bürgerrechtsausschusses Andrei Majakov rund 900000 Rubel (~13.700$) von seinem Angeklagten in einem Strafverfahren angenommen habe, um Staatsanwälte zu bestechen, die dann zugunsten des Angeklagten entscheiden würden. „Majakov besaß weder Kontakte in die Unterabteilungen der Staatsanwaltschaft noch irgendwelche anderen Möglichkeiten, die die Entscheidung des Strafverfahrens beeinflussen könnten“, so Vladimir Markin vom Russian Investigative Commitee. „Er beabsichtigte einfach illegal verdientes Geld verschwinden zu lassen.“ Kritiker behaupten, dass die Anschuldigungen gegen Majakov nichts weiter als Lügenmärchen sind. Oppositionsführer Alexei Navalny ließ über Twitter verlauten: „Ich habe keinen Zweifel daran, dass das eine Form der Provokation ist.“

18.09.2015

Ukraine erweitert Sanktionsliste

Aufgrund des Krieges im Osten des Landes hat die Ukraine ihre Sanktionen gegen Russland erweitert. 400 Personen sind dabei zusätzlich auf die Liste gesetzt worden, darunter auch zahlreiche westliche Journalisten, die mit Einreisverboten belegt wurden. Zu den ausgesperrten Journalisten gehören zum Beispiel ein Autor der Wochenzeitung „Die ZEIT“ sowie spanische Journalisten. Auch drei in Russland arbeitende BBC-Mitarbeiter waren zunächst darauf verzeichnet. Die Strafmaßnahmen betreffen Menschen und Firmen, die nach Ansicht der ukrainischen Regierung Verständnis für die Politik Moskaus im Osten der Ukraine zeigen. Poroschenko setzte den Sanktionsbeschluss per Erlass in Kraft. Dem ehemaligen Chefredakteur der Wochenzeitung „Rheinischer Merkur“, Michael Rutz, wird zum Beispiel die „Gefährdungen der nationalen Interessen, der nationalen Sicherheit, der Souveränität und der territorialen Einheit der Ukraine“ vorgeworfen. Er selbst fühlt sich missverstanden und weiß nicht, warum er auf der Liste steht. Möglicherweise hat seine Mitgliedschaft im Lenkungsausschuss im Petersburger Dialog damit etwas zu tun. Insgesamt sind mehr als 100 Unternehmen und Organisationen sowie fast 400 Personen auf der Sanktionsliste der Ukraine. So muss auch die russische Fluglinie Aeroflot Einschränkungen hinnehmen.

16.09.2015

Waffenstillstand in der Ostukraine hält weiter: Ukrainer bleiben misstrauisch

Seit dem 1. September haben die Kämpfe fast aufgehört. Der Waffenstillstand im Osten der Ukraine könnte also ein Zeichen für die Einleitung des Minsker Friedensprozesses sein. Während die Außenminister Deutschlands und Russlands noch von „entscheidenden Fortschritten“ sprachen, bleibt die Ukraine misstrauisch. Die Kiewer Regierung hält die Waffenruhe nur für ein „Scheinmanöver Russlands, welches das Ziel hat, die Solidarität des Westens zu untergraben“. Europa solle nach den Russland-Sanktionen bis Januar 2016 keine Gründe mehr haben, diese zu erneuern oder zu verlängern – auch dann nicht, wenn Russland über die Kämpfe hinaus keine einzige Bedingung des Minsker Abkommens erfüllt hat. Noch in diesem Jahr sollen in den besetzten Gebieten Regionalwahlen nach ukrainischem Gesetz unter Aufsicht der OSZE stattfinden. Russische Separatisten in Donezk wollen nach ihren Regeln wählen lassen. Das wäre jedoch ein Bruch aller Abmachungen. Sollte das eintreten, fordert Poroshenko neue Sanktionen des Westens gegen Russland. Niemand weiß, was Putin will und was passieren wird: der eigentliche Testfall ist die Regionalwahl.

16.09.2015

3 Jahre Haft für Kritik an Putin und russische Annexion der Krim

Ein russisches Gericht hat den 56-jährigen Rafis Kashalov zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er auf sozialen Netzwerken Beiträge verfasst hat, die die russische Annexion der Krim und die Aggressionen in der Ostukraine kritisieren. Die örtlichen Richter behaupten, dass diese „öffentlichen Aufrufe die russische territoriale Integrität verletzt“. Seit dem 9. Mai 2014 sind öffentliche Aufrufe über das Internet, die die „Russische Föderation verletzen und sich gegen die territoriale Integrität richten“ im Artikel 280 §1 verankert und können mit einer Haft von 4 bis 5 Jahren bestraft werden. Mit der russischen Besatzung der Krim wurde bereits befürchtet, dass die neue Verordnung angewendet wird, um jegliche Kritik an Russlands Invasion und Annexion zum Schwiegen zu bringen. Die Sorge war berechtigt.

15.09.2015

EU verlängert Sanktionen gegen Russland um weitere 6 Monate

Die Europäische Union hat gestern in Brüssel aufgrund des anhaltenden Ukraine-Krieges beschlossen, die Sanktionen gegen Russland um ein halbes Jahr zu verlängern. Die Vermögenssperren und Einreiseverbote wurden gegen 149 Personen und 37 Unternehmen beziehungsweise Organisationen ausgesprochen. Bis zum 15. März 2016 dürfen sie demnach nicht in die EU-Staaten einreisen. Vorhandene Vermögenswerte auf EU-Konten sind dem Zugriff entzogen. Zu den Betroffenen gehören mehrere Berater und Vertraute von Russlands Präsident Wladimir Putin. Allen Personen wird vorgeworfen zur Eskalation des Ukraine-Krieges beigetragen zu haben (z.B. der stellvertretende russische Verteidigungsminister Arkadi Bachin sowie der Geschäftsmann und Milliardär Arkadi Rotenberg). Unter den 37 gesperrten Organisationen zählen wichtige Teilhaber der Bank Rossiya. Die EU hatte bereits im Juni ihre Wirtschaftssanktionen gegen Russland bis Ende Januar verlängert. Sie richten sich unter anderem gegen russische Staatsbanken, den Im- und Export von Rüstungsgütern sowie die russische Öl- und Gasindustrie.

15.09.2015

Russland baut Militärbasis in der syrischen Hafenstadt Latakia auf

Das russische Militär baut eine Militärbasis im syrischen Latakia auf, von der aus Luftangriffe gegen den Islamischen Staat geflogen werden sollen. Bis Ende September soll die Militärbasis abgeschlossen sein. Russische Transportflieger bringen Soldaten und Material, wie Schützenpanzer, Militärtransporter, Granatwerfer sowie moderne Fernmeldetechniken nach Latakia. Die „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ berichtet, dass Russland beim Aufbau des Stützpunktes in Syrien auch so aufs Tempo drückt, weil Präsident Wladimir Putin am 28. September in New York eine Rede halten will. Vor der Uno-Vollversammlung will er demnach eine globale Anti-Terror-Koalition vorschlagen, die sich sowohl gegen die Terror-Miliz des IS in Syrien und Nordirak als auch gegen terroristische Bewegungen im Kaukasus und in Zentralasien richtet.
Russland ist ein enger Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad. Ihn unterstützt Russland seit Jahren mit Waffenlieferungen, nun will Russland wohl verstärkt auch militärisch aktiv werden.

15.09.2015

Italiens ehemaliger Premier Berlusconi besucht Putin auf der Krim

Vergangene Woche haben sich die beiden befreundeten Politiker Silvio Berlusconi und Wladimir Putin auf der Krim getroffen. Der Besuch soll als Zeichen der Unterstützung Russlands durch Berlusconi gewertet werden. Berlusconi verbrachte die ersten Tage seiner Reise in Sotschi, letzten Freitag besuchte er dann Sewastopol auf der Krim, um dort an einer Gedenkzeremonie zu Ehren von im Krim-Krieg (1853-56) gefallenen italienischen Soldaten teilzunehmen. Als Putin im Juni Rom besucht hat, versicherte ihm Berlusconi, seine Oppositionspartei Forza Italia werde sich für die Aufhebung der verhängten Sanktionen einsetzen, die im Zuge der Ukraine-Krise gegen Russland verhängt wurden. Des Weiteren sagte Berlusconi in einem Telefoninterview, dass er mit Putin eine internationale Koalition gegen den Islamischen Staat aufbauen möchte.

15.09.2015

Babi Yar Gedenkstätte geschändet

Die Menora (der siebenarmige Leuchter) der Gedenkstätte in Babi Yar in der Ukraine wurde geschändet. In Babi Yar ermordeten deutsche Nationalsozialisten am 29. und 30. September 1941 über 33 000 ukrainische Juden. Dieser jüngste von sechs ähnlichen Angriffen fand am vergangenen Sonntagabend zum jüdischen Neujahrsfest statt. Die Angreifer setzten Reifen um die Menora, gossen eine entzündliche Flüssigkeit darüber und zündeten sie dann an. Zum Glück wurden die Flammen schnell bemerkt und konnten vom Wachschutz der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche gelöscht werden. Der Euro-Asian Jewish Congress verweist darauf, dass die gleiche Methode am 27. August an der Gedenkstätte für die Holocaustopfer in Melitopol (Zaporizhya Oblast) angewendet wurde. Im Januar und am 6. September wurden die Gedenksteine neben der Menora schon mit Hakenkreuzen beschmiert. Die Überwachungsgruppe über die Rechte der nationalen Minderheiten verzeichnete einen Anstieg des rassistisch motivierten Vandalismus im Jahr 2014. Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Statistiken in diesem Jahr verbessern. Bisher konnte niemand für die Taten zur Rechenschaft gezogen werden.

14.09.2015

Warnung vor wachsendem politischem Terror – Prominente russische Menschenrechtsverteidiger und Kulturschaffende fordern Freilassung von Sentsov und Kolchenko

Russlands prominentesten Menschenrechtsverteidiger, oppositionelle Schriftsteller, Politologen und andere warnen deutlich davor, dass „das Land wieder einmal den Weg der politischen Repression aufgenommen hat“. Sie verlangen im Speziellen, dass die langen Haftstrafen gegen den ukrainischen Filmregisseur Oleg Sentsov (20 Jahre) und den Bürgeraktivisten Oleksandr Kolchenko (10 Jahre) aufgehoben werden müssen. Zu den Unterzeichnern gehören Sergej Kowaljow sowie Vladimir Voinovich (Schriftsteller) und Ludmila Ulitzkaja (Schriftstellerin), Ludmilla Alekseevna, Oleg Orlow und viele andere. Der Prozess gegen Sentsov und Kolchenko ist nicht der einzige Fall einer modernen politischen Repression. Derzeit gibt es Dutzende politisch Gefangene in Russland, diese Zahl wird bald in die Tausende gehen, warnen die Unterzeichner. Sie fordern, dass die Urteile gegen die Sentsov und Kolchenko aufgehoben und Menschenrechtsinstitutionen bewertet werden müssen. (Originalappell und Unterschriften hier.)

14.09.2015

Russischer Geheimdienst FSB terrorisiert Krimtataren weiter

Der FSB hat drei Privatwohnungen durchsucht, mit dem Ziel die Freunde und Nachbarn des inhaftierten Krimtataren Ali Asanov, einzuschüchtern. Eskender Bariev, Koordinator des Menschenrechtsrates der Krimtataren berichtet, dass FSB -Offiziere am 8. September gegen 9 Uhr in den Häusern von zwei krimtatarischenFamilien erschienen sind, die mit den Asanovs und den Nachbarn im Dorf Urozhainoye befreundet sind. Trotz der offensichtlichen Angriffe auf Menschen, die mit Asanov Kontakte pflegen, stehen die Durchsuchungsbefehle angeblich im Zusammenhang mit dem Diebstahl eines Mopeds und eines Telefons. Diese Durchsuchungen fanden kurz nach einem Radio-Interview von Asanovs Frau Elnare statt, die zusammen mit ihrer Mutter den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufforderte ihren Ehemann freizulassen. Ihr wurde bis heute nicht einmal erlaubt Ali Asanov im Gefängnis zu besuchen. Die sechsköpfige Familie lebt auf dem Land, ist arm und betreibt seit der russischen Annexion der Krim nur eine kleine Landwirtschaft. Nach Asanovs Festnahme wurde er laut seiner Familie gezwungen zwei Morde zu gestehen.

11.09.2015

Krimtataren fordern Bürgerblockade der Krim

Auf der Pressekonferenz am 8. September hat Mustafa Dschemilew eine „Bürgerblockade“ der Krim für die zweite Septemberhälfte angekündigt. Krimtatarische Aktivisten sollen demnach Straßen und Kontrollpunkte auf der Krim bewachen, damit keine Waren von der Ukraine auf die Krim kommen. Dschemilew ist davon überzeugt, dass rund 80% aller Lebensmittel aus der Ukraine, die auf die Krim transportiert werden, letztlich nach Russland weiter transportiert werden. Dass eine Blockade die Landsleute auf der Krim treffen könnte, sieht er nicht. Lenur Islyamov, Direktor des Fernsehsenders ATR, sieht die Blockade als Hoffnung auf weitere internationale Sanktionen gegen Russland.

Die Krimtataren haben fünf Forderungen an Russland:

  1. Die Freilassung aller politischen Häftlinge aus der Ukraine, die in Russland festgehalten werden
  2. Rücknahme aller Einschränkungen gegen die krimtatarischen und ukrainischen Medien auf der Krim
  3. Sicherstellung, dass ausländische Journalisten und Bürgerrechtler ungehinderten Zugang zur Krim haben
  4. Beendigung aller ungerechtfertigten, administrativen und strafrechtlichen Verfolgung der Krimtataren und von anderen ukrainischen Staatsangehörigen auf der Krim
  5. Aufhebung der Einreiseverbote auf die Krim von Mustafa Dschemilew, Sinaver Kadyrov und Ismet Yuksel

Die Reaktionen auf diese Ankündigung der politischen Führung der Krimtataren waren gespalten. Sie stelle eine Gefahr für die Krimtataren dar, die sich an ihr beteiligten. Sie wirke sich negativ auf die Ukraine aus und würde doch den Bewohnern der Krim schaden, meinen die einen.

Der pro-russische so genannte Präsident der Krim, Sergej Aksjonow meint, er habe keine Angst vor solchen Aktivitäten; Großunternehmen würden die Lebensmittelversorgung der Halbinsel sicherstellen, zudem seien große Vorräte angelegt worden. Der Parlamentspräsident der Autonomen Republik Krim, Wladimir Konstantinow, zeigte sich ebenfalls unbeeindruckt von der Ankündigung einer Blockade: „Wir sind auf jede beliebige Entwicklung der Geschehnisse hinsichtlich der Ukraine vorbereitet“, wird der Politiker von der Nachrichtenagentur „Kryminform“ zitiert, „daher wird so etwas keine Auswirkungen auf die Wirtschaft der Krim haben.“ Der Politologe und Aktivist des ukrainischen Kulturzentrums, Leonid Kusmin, ist von dem Vorhaben nicht begeistert. Eine künstlich erzeugte Nahrungsmittelkrise wird dazu führen, dass „die Schrauben noch enger gedreht werden.“ Statt dass es zur Befreiung politischer Gefangener kommen würde, würden indes noch mehr inhaftiert werden.

Für den ersten Stellvertreter des krimtatarischen Medschlis, Nariman Djeljal jedoch, wäre eine Blockade ein „vollkommen logischer Schritt, wenn auch verspätet.“ Die Forderungen der Krimtataren müssten im Vordergrund stehen, für sie braucht es Öffentlichkeit und politischen Druck.

11.09.2015

Neue Initiativen für Menschenrechte auf der Krim

Die Feldmission Menschenrechte Krim war die einzige unabhängige Gruppe, bestehend aus Menschenrechtlern aus Russland, der Ukraine und von der Krim, die seit der Annexion im März 2014 die Menschenrechtslage dokumentiert hat. Doch sie und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerieten zunehmend unter Druck. Am 7. Juli 2015 setzte das Oberhaus des russischen Parlamentes die „Feldmission“ auf die „Patriotic stop-list“. Ihre Tätigkeit sollte von den Strafverfolgungsbehörden überprüft werden. Seitdem werden Mitglieder und Partner der „Feldmission“ von Strafverfolgung bedroht.

Zur gleichen Zeit hat das ukrainische Kabinett Dekret Nr. 367 erlassen. Dieses regelt Ein- und Ausreise auf die Krim und beinhaltet eine Liste von Gründen, wann Personen fremder Nationalität Sondergenehmigungen für die Einreise auf die Krim erhalten können. Menschenrechtsmonitoring, Recherche etc. sind auf dieser List nicht zu finden. Daher wird so die Einreise von Bürgern, die keine ukrainischen Staatsbürger sind, einschränkt.

Trotzdem hat die „Feldmission“ versucht, ihre Arbeit fortzusetzen. Sie weist nicht nur auf Menschenrechtsverletzungen und die Einhaltung internationaler Standards hin, sondern auch auf die unzulässigen Beschlüsse, die Menschenrechtsaktivisten sowie Journalisten davon abhalten sollen, Aufklärungsarbeit und Informationsbeschaffungen über Menschenrechtsverletzungen auf der Krim zu leisten.

Nun haben sich neu die Crimean Human Rights Group und das Human Rights Field Centre gegründet. Die „Feldmission“ wird mit diesen neuen Verbänden zusammenarbeiten, genauso mit den Organisationen der Koalition „Initiative Group for Human Rights in Crimea“.

08.09.2015

Reportage in der FAZ: Gleichschaltung auf der Krim – Krimtataren in großer Gefahr

Seit der Annexion der Halbinsel Krim durch Russland im vergangenen Jahr werden die Krimtataren mehr denn je diskriminiert. Der Khan-Palast von Bachtschissaraj und der berühmte Tränenbrunnen, das einstige Herrschaftszentrum der Krimtataren, sind zum Nebenschauplatz geworden: Das neue Gebäude neben dem Denkmal ist heute örtlicher Sitz des Geheimdienstes FSB, dort werden Krimtataren verhört, die sich gegen die russische Annexion aussprechen. Selbst das naheliegende Café Musafir bleibt geschlossen, wird bewacht und steht beispielhaft für Repression und Einschüchterung, denn auch der Café- Besitzer, der langjährige Krimtatarenanführer Mustafa Dschemilew, hat sich gegen die russische Besetzung auf der Krim ausgesprochen. Es fehlte lediglich ein offizieller „Verstoß“, der die Schließung des Musafir rechtfertigte – letztlich stießen die Behörden natürlich auf nicht eingehaltene baurechtliche Vorschriften. Die ukrainische blau-gelbe Flagge wurde ebenfalls entfernt. Inzwischen sind auch der Sitz der Krimtataren-Exekutive in und der krimtatarische Sender ATR in Simferopol geschlossen. Vertreter der Medschlis-Volksversammlung müssen sich nun in einem Restaurant am Rande der Stadt treffen. Die Gleichschaltungen gehen weiter: von 33 Mitgliedern des Medschlis sitzen mittlerweile acht in der Ukraine fest, drei bis vier weitere gelten als Kollaborateure. Obwohl das Krimtatarische neben Ukrainisch und Russisch offizielle Sprache auf der Halbinsel ist, sieht die Praxis doch anders aus. Fünf krimtatarische Schulen wurden zu zweisprachigen Schulen herabgestuft und das einzige ukrainische Gymnasium der Krim ist bereits ganz russifiziert. Gedenktage der Krimtataren haben keine Geltung mehr und der Zugriff auf ukrainischen Konten wird für die Krimbewohner auch immer schwieriger. Die Angst wächst allerdings ins Unermessliche, wenn man sich die steigenden Zahlen der spurlos verschwundenen Tataren anschaut. Die meisten von ihnen werden später tot aufgefunden. Die ganze Reportage finden Sie hier.

08.09.2015

Muslimische Schule im Dorf Kolchyrino kann Arbeit nicht fortsetzen

Die Medresse (muslimische Schule) im Dorf Kolchyrino im Gebiet Simferopol kann ihre Tätigkeit nicht fortsetzen, da ihr die notwendige Lizenz von den Behörden der Krim verweigert wurde. Der Direktor der Schule, Sejran Arifov erklärt, dass für dieses Jahr alle Versuche gescheitert seien, die Schule wolle sich im nächsten Jahr nochmals um eine Lizenz bemühen, denn die Kinder bräuchten diese Schule und auch den Unterricht im traditionellen Islam. Diese Medresse war eine der ersten, die von pro-russischen und russischen Behörden, Geheimdienst und Polizei durchsucht worden war. Am 24. Juli 2014 um fünf Uhr in der Frühe drangen maskierte Spezialkräfte in die Schule ein und durchsuchten die Sachen der Kinder und Mitarbeiter, wobei sie nichts Verdächtiges finden konnten.

04.09.2015

Fazit nach drei Tagen Waffenstillstand: im Raum Donezk bleibt es angespannt

Drei Tage nach dem Beginn des Waffenstillstandes, der wegen des Beginns des neuen Schuljahres am 1. September vereinbart wurde, ist es in der Region Luhansk bislang ruhig geblieben. Im Raum Donezk wurden einem General der ukrainischen Streitkräfte zufolge am Dienstag einige kleinkalibrige Waffen abgefeuert. Die Verwendung schwerer Waffen wurde nicht beobachtet. Insgesamt sei demnach die Anzahl der Waffenstillstandsverletzungen im Donezker Gebiet erheblich gesunken. Die Special Monitoring Mission (SMM) der OSZE meldete hingegen einige Explosionen in Ortschaften östlich von Mariupol. Zu einer Drohne der SMM brach einen Tag vor dem Waffenstillstand der Kontakt ab; Anwohner berichteten von kleineren Explosionen in dem Bereich, den sie zuletzt überflog. Später konnte sie bei der vermuteten Absturzstelle nicht geborgen werden, da zwei bewaffnete Angehörige der Volksrepublik die entsprechenden Untersuchungen seitens der OSZE verhinderten. Zuvor hatte die Drohne eine Ansammlung militärischen Gerätes in einem Gebiet nahe der Konfliktgrenze beobachtet. Die SMM berichtete am Mittwoch von vereinzeltem Waffenfeuer, in Horliwka kam es zu mehrfachen Geschützeinschlägen.

04.09.2015

Khaiser Dschemiliew weiter in Haft

Khaiser Dschemilew, Sohn von Mustafa Dschemilew muss weiter in russischer Haft bleiben. Allerdings wurde die Strafe von fünf auf dreieinhalb Jahre reduziert. Der 33-jährige wurde, nachdem er im Mai 2013 eine Leibwache erschossen hatte, des Totschlags, Diebstahls und illegalen Waffenbesitzes beschuldigt und von einem ukrainischen Gericht zu drei Jahren Haft verurteilt. Später wurde er von russischen Kräften von Simferopol nach Krasnodar gebracht und dort ein zweites Mal verurteilt, obwohl er ukrainischer Staatsbürger ist und daher die russische Justiz keine Handhabe haben drüfte. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verlangte wiederholt die Freilassung Dschemiliews, sein Vater versteht die Untersuchungshaft als Erpressungsversuch der russischen Behörden.

02.09.2015

Zahl der ukrainischen Flüchtlinge steigt

Das Flüchlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) weist Europa mit Nachdruck darauf hin, dass die Situation der Schutz Suchenden in der Ukraine keineswegs zum Nebenschauplatz werden darf. Immer wieder aufkeimende Kämpfe, der Mangel an Wasser und Nahrungsmitteln verschlechtern die Lebensbedingungen der ukrainischen Bevölkerung zunehmend. Die Zahl der Binnenflüchtlinge und die Zahl derer, die im Ausland Zuflucht suchen, sind wieder gestiegen. Die neuesten Statistiken des UNHCR zeigen, dass rund 1,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine vertrieben wurden . Zudem haben über 800 000 Ukrainer in den Nachbarländern Russland, Weißrussland sowie Polen Asyl gesucht. Der Föderale Migrationsdient Russlands, FMS geht von einer Million Flüchtlinge allein dort aus und laut Auswärtigem Amt kamen schon im vergangenem Jahr rund 4.600 ukrainische Asylbewerber nach Deutschland. Die Krise setzt sich weiter fort, das Minsk II Abkommen wird regelmäßig gebrochen. Menschen sind in Gefahr und fliehen. Mehr dazu ist hier zu finden.

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