Heute, am 22. Januar 2014, begann in Montreux, Schweiz die zweite internationale Friedenskonferenz zur Situation in Syrien “Genf II”. Über dreißig Delegationen nehmen an den Gesprächen teil, bevor ab Freitag die Gespräche nach Genf verlegt werden und nur zwischen der syrischen Regierung und Teilen der Oppositionsgruppen mit Hilfe eines UN-Vermittlers weiter geführt werden.
Nachdem die im Juni 2012 abgehaltene erste Genfer Konferenz in ihren Beschlüssen nicht umgesetzt wurde, liegt nun die Hoffnung darin, dass in den nächsten Tagen eine Lösung oder Schritte in Richtung dieser gefunden werden, um die Situation der Bevölkerung zu verbessern. Doch inwiefern sind die teilnehmenden Parteien in der Lage über die Interessen der syrischen Bevölkerung zu entscheiden?
Von Tonja Klausmann
Kritiker sprechen davon, dass der sowieso schon stark von äußeren Interessen gelenkte Konflikt Syriens, durch die Konferenz zu einem Spielball der Mächte gemacht wird, in dem die Interessen der Syrer wenig Gewicht finden. Erst nach langem Schweigen und dem Druck von vielen Seiten erklärte sich die Oppositionsgruppe Syrische Nationale Koalition (SNC) zur Teilnahme bereit. Jedoch kann diese keineswegs als Repräsentation der syrischen Bevölkerung angesehen werden, da die Opposition in sich tief gespalten ist und der SNC von anderen Gruppierungen vorgeworfen wird, durch die Teilnahme an der Konferenz die Revolution zu verraten.
Besonders besorgniserregend ist die fehlende Teilnahme von Minderheiten an der Konferenz. Tilman Zülch, Generalsekretär der GfbV erklärte in einem Schreiben: „Ein dauerhafter Frieden kann in Syrien nur unter Berücksichtigung der Interessen aller Bestandteile der syrischen Bevölkerung zustande kommen.“ Kurden und die mit ihnen lebenden christlichen Assyro-Aramäer stellen rund 20 Prozent der Gesamtbevölkerung und sind bedeutende Partner für eine Befriedung und Demokratisierung des durch den Bürgerkrieg zerstörten Landes. Die von ihnen bewohnten Gebiete sind das Ziel für viele syrische Flüchtlinge, es kommt wegen Kämpfen in der Region und Blockaden sowohl der Opposition als auch des Militärs zu Versorgungsengpässen. Dennoch haben die seit Jahrzehnten unterdrückten Kurden es geschafft sich bisher weitestgehend aus dem blutigen Konflikt heraus zu halten.
In der vergangenen Woche appellierte die GfbV an die Außenminister der USA und Russlands den „Kurdischen Hohen Rat“, die weit anerkannte Repräsentation der Kurden Syriens, als autonome Partei zur Genf II Konferenz zuzulassen. Diesem wurde nicht statt gegeben. Um die Sicherheit der Minderheiten zu garantieren und ihnen ein Leben in Freiheit im zukünftigen Syrien zu garantieren wäre die Repräsentation ihrer Interessen unbedingt nötig gewesen. Einige Vertreter der Kurden dürften dabei sein, jedoch nicht als eigenständige Delegation, sondern als ein Teil der von Islamisten kontrollierten SNC. Als eigenständige Repräsentation hätten die Kurden vor diesem für Syrien wichtigem internationalem Treffen die Lage der Kurden und anderer Minderheiten zur Sprache bringen können. Dies ist leider vor allem wegen der ablehnenden Haltung der türkischen Regierung in der Kurdenfrage nicht eingetreten.
In der feierlichen Eröffnung der Konferenz ist kein Redner auf die Situation der Kurden auch nicht mit einem Wort eingegangen. Lediglich der russische Außenminister S. Lawrow ging „allgemein“ auf die Lage der ethnischen und religiösen Minderheiten ein und erwähnte dabei die christliche Minderheit ausdrücklich. Russland hat kein gutes Verhältnis zu der arabisch-sunnitischen Opposition, daher versucht es nicht-muslemische und nicht-arabische Minderheiten für sich zu gewinnen.
Die GfbV befürchtet, dass die Situation syrischer Minderheiten, besonders Kurden und Christen, auf der Friedenskonferenz verschwiegen wird und sie so auch langfristig zum Opfer von geopolitischen Interessen werden.