Mitte November 2013 wurden in der chinesischen Stadt Kunming 13 Nordkoreaner festgenommen, die versucht hatten, dem totalitären System ihres Heimatlandes zu entkommen. Bis heute ist unklar, was mit diesen Flüchtlingen geschehen ist. Internationalen Medienberichten zufolge wurden sie aber bereits kurz nach ihrer Festnahme nach Dandong, eine chinesische Stadt nahe der nordkoreanischen Grenze, Gebracht. Trotz internationaler Forderungen, nordkoreanische Flüchtlinge nicht weiter abzuschieben, ist es sehr wahrscheinlich, dass genau dies mit den Flüchtlingen aus Kunming bereits geschehen ist. Für diese Menschen bedeutet die Abschiebung in ihre Heimat in der Regel schreckliche Strafen: Meistens Folter und die Internierung in eines der vielen Arbeitslager Nordkoreas oder sogar, im Falle einer wiederholten Flucht, die Todesstrafe.
von Rebecca Zenke; Foto: European Commission DG ECHO/Flickr (CC BY-SA 2.0)
China ist für die meisten Nordkoreaner der erste Anlaufpunkt für die Flucht. Man geht davon aus, dass sich derzeit ca. 200.000 Nordkoreaner in China verstecken. Viele von Ihnen versuchen, Südkorea oder andere asiatische Länder zu erreichen. Das Problem ist, dass China trotz internationaler Appelle nordkoreanische Flüchtlinge wieder in die Heimat zurückschickt. Grund dafür ist ein enges Band zwischen beiden Ländern, das sich auf alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ausdehnt. So ist China nicht nur Nordkoreas wichtigster Handelspartner, sondern auch in der internationalen Politik immer wieder Nordkoreas einziger Verbündeter und eine Art schützende Hand. So erklärt sich auch das Abkommen zwischen den beiden Staaten, demzufolge China alle Nordkoreaner auszuliefern hat. Und andere asiatische Länder folgen diesem Beispiel größtenteils, da China in Asien Supermacht ist und Druck auf seine kleineren Nachbarstaaten ausübt.
Im Februar 2013 hat der UN-Menschenrechtsrat eine spezielle Kommission für Menschenrechtsfragen in Nordkorea gegründet. Die Commission of Inquiry (COI) on North Korean human rights wird im März 2014 unter der Leitung des australischen Richters Michael Kirby einen ersten Bericht veröffentlichen, der die aktuelle Menschenrechtssituation in Nordkorea darstellen soll. Dies ist ein wichtiger Schritt, um weiterhin auch auf das Problem der Flüchtlinge aufmerksam zu machen. Sie werden es in Zukunft noch schwieriger haben ihr Land zu verlassen, da Diktator Kim Jong-un die Grenzkontrollen verstärkt und das Strafmaß im Falle einer Flucht erhöht haben soll. Ebenfalls soll in ganz Nordkorea die Überwachung durch den Staat verstärkt werden. Viele werden es dennoch wagen, da die Aussichten im Land zu bleiben nicht besser sind, als das eigene Leben bei einer Flucht zu riskieren. Viele Nordkorea-Beobachter gehen davon aus, dass sich die Menschenrechtssituation auch in diesem Jahr nicht verbessern wird. Ganz im Gegenteil befürchten viele, dass es noch schlimmer wird: Ein Indiz dafür ist die kürzliche Hinrichtung von Jang Song-theak, dem Onkel von Kim Jong-un. Der junge Diktator hat mit diesem Schritt einmal mehr seine „Politik der Angst“ unter Beweis gestellt und somit deutlich gemacht, auch in Zukunft gnadenlos gegen „Regimegegner“ vorzugehen und Schritt für Schritt seinen eigenen, ihm untergebenen Führungsstab aufzubauen. Die Gruppe der „Regimegegner“ schließt jeden mit ein, der versucht, das Land unerlaubt zu verlassen. So werden Flüchtlinge nicht mehr in einfache Arbeits- oder Umerziehungslager gesteckt, sondern landen direkt in den Lagern für „politische Gefangene“. Dass die Lebensbedingungen dort absolut unmenschlich und von Hunger, Folter, Ausbeutung und Exekutionen gekennzeichnet sind, ist hinlänglich dokumentiert.
Greg Scarlatoiu, Direktor des Committee for Human Rights in North Korea (HRNK), erkennt drei zentrale Trends für Nordkorea für das Jahr 2014. Dies sind neben den bereits angesprochenen verstärkten Grenzkontrollen im Grenzgebiet zu China und der Hinrichtung Jang Song-theaks die Expansion der Arbeits- und Straflager. Im Dezember 2013 veröffentlichte Amnesty International erstmals Satellitenbilder, die die Expansion der zwei großen Lager 15 und 16 deutlich zeigen. Die Vereinten Nationen und verschiedene Menschenrechtorganisationen gehen davon aus, dass sich zur Zeit zwischen 80.000 und 120.000 Menschen in diesen Lagern befinden. Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich sehr viel höher. Weiterhin schätzt das HRNK, dass bereits bis zu 400.000 Menschen in diesen Lagern umgekommen sind. Dabei sind nicht nur Fluchtversuche und angeblich regimefeindliches Verhalten Gründe, um in einem der Lager zu enden. In Nordkorea können Menschen schon für weitaus weniger schlimme “Verbrechen“ inhaftiert werden. So ist zum Beispiel das Ansehen bzw. der Besitz oder die Verbreitung amerikanischer und/oder südkoreanischer Filme und DVDs strafbar und wird mit gleicher Härte geahndet. Das amerikanische TV-Programm Frontline, das Dokumentationen zu verschiedenen Themen der internationalen Politik produziert, schätzt, dass in Nordkorea jeder 100. Mensch ein politischer Gefangener ist. Am Dienstag, den 14. Januar erschien die Dokumentation “Secret State of North Korea”. Hier gibt Regisseur James Jones nach 2-jähriger Recherche einen tiefen Einblick in die nordkoreanische Gesellschaft.
Es bleibt zu hoffen, dass das derzeitige Interesse an Nordkorea bestehen bleibt und die sich öffentliche Aufmerksamkeit noch mehr auf die Menschenrechtsfrage richtet. Die Aufklärungsarbeit der vielen NGOs, der Vereinten Nationen, der Kirchen und Einzelpersonen, die teilweise ihr Leben riskieren, um der nordkoreanischen Bevölkerung zu helfen, muss unbedingt weiter vorangetrieben und unterstützt werden. Unvermeidbar wird in diesem Zusammenhang auch sein, die Verhandlungen mit China und anderen asiatischen Ländern aufzunehmen, um die Abschiebepolitik dieser Länder zu beenden. Das Schicksal der 13 Flüchtlinge aus Kunming bleibt weiterhin ungewiss.
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