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Seit Oktober 2016 eskaliert die Gewalt im Norden des Rakhine-Staates in Burma. Auslöser waren mysteriöse Überfälle unbekannter Bewaffneter auf drei Grenzposten. Das Militär hatte daraufhin Rohingya für die Überfälle verantwortlich gemacht und geht seitdem mit einer beispiellosen Welle von Angriffen gegen unbewaffnete Rohingya-Dorfbewohner vor. Vor wenigen Tagen erklärte die Polizei im burmesischen Sittwe nun, dass ein Rohingya zum Tode wegen vorsätzlichen Mordes verurteilt wurde. Der Mann solle einen der Angriffe im vergangenen Oktober angeführt haben.
Am 9. Oktober 2016 hatten hunderte unbekannte bewaffnete Männer drei Grenzpolizeiposten in Kyi Kann Pyin, Nga Khu Ya und Koe Tan Kauk angegriffen. Dabei kamen neun Polizisten ums Leben. In einem Bericht war der Think Tank International Crisis Group zu dem Schluss gekommen, dass die Angriffe von der sogenannten Harakah al-Yaqin-Gruppe (HaY), was Glaubensbewegung in Arabisch heißt, begangen wurden. Diese Gruppe, die sich auch zu dem Anschlag bekannte, soll von Exil-Rohingya geführt werden, die in Saudi Arabien ansässig sind. Die International Crisis Group geht davon aus, dass die HaY bereits hunderte Dorfbewohner im nördlichen Rakhine Staat rekrutiert hat. Auch die burmesische Regierung behauptet, dass militante Rohingya für die Angriffe verantwortlich sind. Jedoch hat die Regierung bisher keine glaubwürdige und unabhängige Ermittlung der Ereignisse im Norden des Rakhine Staates durchgeführt.
Die Operationen, die die Sicherheitskräfte Burmas seit den Angriffen ausführt, ähneln eher einem Rachefeldzug. Tatsächlich zielen die Einsätze nicht nur auf Verdächtige ab, sondern die gesamte Rohingya-Bevölkerung steht im Visier der burmesischen Armee. Dutzende Rohingya sollen bereits festgenommen worden sein, ohne über die gegen sie hervorgebrachten Anschuldigungen informiert zu werden. Die Inhaftierten haben keinen Kontakt zur Außenwelt und keinen Zugang zu rechtlicher Beratung. Ihre Familien bekommen keine Informationen über ihre Aufenthaltsorte oder über den Verlauf des rechtlichen Verfahrens. Im Dezember berichtete Amnesty International, dass sechs Gefangene bereits in Haft ums Leben gekommen sind. Diese Information bekräftigt den Verdacht, dass Folter, die unter der Militärjunta eine verbreitete Praxis war, trotz der Wahl einer demokratischen Regierung noch immer in Burmas Gefängnissen benutzt wird.
Der Mann, der am 10. Februar 2017 zur Todesstrafe verurteilt wurde, soll mit 13 weiteren Verdächtigen in Sittwe inhaftiert sein, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen sind.
Wir fassen Nachrichten rund um die Rohingya-Krise in Burma regelmäßig auf unserem Blog zusammen. So können Sie einen Überblick über die aktuelle, sich stetig ändernde Situation bekommen. Alle Beiträge finden Sie hier: Rohingya-Krise in Burma eskaliert
veröffentlicht: 21. Februar 2017
Autorin: Salomé Persyn