Native Americans sind von Covid-19 besonders stark betroffen, aber Amerika lässt sie im Stich

Native Americans sind prozentual wesentlich stärker von dem Covid-19-Virus betroffen, als die anderen Bevölkerungsgruppen in den USA. Mit Stand 23. April 2020 wurden vom staatlichen indianischen Gesundheitssystem (Indian Health System) offiziell 1.956 Infektionen mit Covid-19 verzeichnet. 72 Native Americans waren dem Virus erlegen. Bei insgesamt nur etwa einer Million Gesamtbevölkerung in den Reservaten sind das hohe Zahlen. Und die Tendenz ist steigend.[i]

Von Yvonne Bangert, GfbV-Referentin für indigene Völker; Foto: GfbV-Archiv

Den Hintergrund der Tragödie erklärt Deb Haaland, seit 2018 die erste indigene Kongressabgeordnete der Demokraten, in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Indian Country Today: Ihr zufolge wurden die Native Americans und Alaska Natives (NAAN), wie der offizielle Verwaltungsterminus für die staatlich anerkannten Indigenen Gemeinschaften lautet, bei der Zuteilung der Nothilfe schlicht übergangen. Dabei gibt es bei ihnen besonders viele Risikopatienten. Viele Indigene leiden an Tuberkulose, Diabetes und Herz-Kreislauferkrankungen. Es gibt viel Alkoholmissbrauch und gerade unter Jugendlichen eine hohe Suizidrate. Die Menschen leben in den Reservaten in der Regel weit verstreut und die Infrastruktur für ihre Versorgung ist schlecht. Auch haben sie kaum Chancen, die oft großen Entfernungen zu den viel zu wenigen Gesundheitsstationen aus eigener Kraft zu erreichen. Auch eine Versorgung mit sauberem Trinkwasser oder Strom gibt es oft nicht.

Deb Haaland und die Demokraten forderten 20 Milliarden Dollar aus dem allgemeinen US-Nothilfepaket für die Native Nations. Die Trump Regierung lehnte die Unterstützung ab. Schließlich einigte man sich auf acht Milliarden Dollar, die jedoch erst beantragt und zugewiesen werden müssen. Für viele der notleidenden Gemeinden dürfte das viel zu lange dauern.

Besonders dramatisch sind die Ausmaße der Katastrophe im Südwesten der USA. Die mit Abstand größten Opferzahlen hatten am 23. April die Diné der Navajo Nation zu beklagen. Ihr Reservat liegt in New Mexiko und Arizona und ist in etwa so groß wie das Bundesland Bayern. Bis zu „30 Prozent unserer Bürger haben keinen Zugang zu fließendem Wasser und müssen Wasser aus einer Entfernung von 20 bis 30 Meilen (bis zu 48 km) für ihr Trinkwasser und Vieh beziehen“, sagte Jonathan Nez, Präsident der Navajo-Nation, gegenüber AFP. Hygieneregeln lassen sich so kaum einhalten. 1206 positiv Getestete und 48 Tote sind angesichts einer Gesamtzahl von gut 330.000 Diné eine sehr große Zahl. Auch die Rio Grande Pueblos sind besonders betroffen. Zia Pueblo zum Beispiel meldete 31 positiv Getestete bei einer Gesamtbevölkerung von 900. Im Pueblo San Felipe waren es 52 Erkrankte von 2.200 Einwohner*innen. Viele Native Nations haben ihre Reservate geschlossen und Ausgangssperren verhängt. Zu ihnen gehören die Diné der Navajo Nation, die Kiowa in Oklahoma, die Chippewa in North Dakota oder auch die White Mountain Apache in Arizona. Manche Beobachter*innen erklären diese prekäre Situation damit, dass in dieser Region, die Trump-Regierung und ihre Ideologie viele Anhänger*innen auch unter Politiker*innen haben.

Quellen:

https://www.lakotalaw.org/our-actions/covid-noem

https://indiancountrytoday.com/news/indian-country-s-covid-19-syllabus-EiN-p5Q-XkW-smnaebJV6Q

https://indiancountrytoday.com/news/indian-country-s-covid-19-syllabus-EiN-p5Q-XkW-smnaebJV6Q20.04.20–

https://indiancountrytoday.com/newscasts/newscast-with-guest-rep-deb-haaland-xt7XVlRP7ES2OefXatbxHA?fbclid=IwAR3wnmSh08b-EHNUQQqI5IU99eHBdWI2C8wwiIV9Pwvz5bA_CK7UQ81w-k8

https://newrepublic.com/article/157345/coronavirus-emergency-aid-become-disaster-indian-country?, 21.4.20


[i] Die Zahlen basieren auf dem Zensus von 2010. Der Zensus von 2020 wird derzeit ausgewertet.

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