Die angebliche Demokratisierung und Öffnung des Landes Burma (offiziell: Myanmar) bringt keinerlei Fortschritt für die muslimische Minderheit der Rohingya. Daher muss die anhaltend schlechte Situation der Rohingya thematisiert und die Unterdrückung, Verfolgung und Diskriminierung publik gemacht werden.
Von den weltweit ca. 2-3 Millionen Rohingya leben Schätzungen zufolge noch 725.000 bis 1 Million im Bundesstaat Arakan (offiziell: Rakhain) in Burma. Die Übrigen sind aufgrund der systematischen Unterdrückung durch die burmesische Regierung seit 1962 in andere Länder geflohen: die meisten Flüchtlinge befinden sich in Bangladesh, Thailand, Malaysia, Indonesien, Saudi-Arabien und anderen Ländern des Nahen und Mittleren Ostens sowie der unmittelbaren Nachbarschaft.
Den Rohingya wird die burmesische Staatsangehörigkeit mitsamt sämtlichen Bürgerrechten basierend auf dem „Citizenship Act“ von 1982 verwehrt und sie werden nicht als eine der offiziell 135 Bevölkerungsgruppen in Burma anerkannt. Die folgende Liste erläutert die wichtigsten und brutalsten Formen der Unterdrückung und Verfolgung der Rohingya in Burma.
Foto: Arakan-Bundesstaat in Burma; Quelle: GfbV-Archiv
1. Eingeschränkte Bewegungsfreiheit: Rohingya dürfen ohne offizielle Erlaubnis der Behörden ihre Heimatdörfer nicht verlassen. Diese Einschränkung behindert Rohingya nicht nur dabei soziale Kontakte und Beziehungen zu knüpfen und zu pflegen, sondern es schränkt auch die Möglichkeiten für medizinische Versorgung, Bildung und Erwerbstätigkeit ein und verhindert die Registrierung von Neugeborenen in ländlichen Gebieten. In die Landeshauptstadt Sittwe (mit der einzigen Universität des Bundeslandes) dürfen sie nicht einreisen. Die Folgen der eingeschränkten Bewegungsfreiheit sind einige der Gründe und Katalysatoren für die andauernde Armut.
2. Vergewaltigungen, Inhaftierungen, Folter und Mord und Zwangsexil: Die Rohingya müssen permanent um ihr Leben fürchten und sind der Willkür staatlicher Sicherheitskräfte schutzlos ausgeliefert. Die Vergewaltigung von Frauen, Inhaftierungen, Folter und Mord sind keine Seltenheit und die Flucht ins Exil ist für viele Rohingya die einzige Möglichkeit zu überleben.
3. Konfiszierung von Land und Verbot von Landbesitz: Zunehmend wird den Rohingya ihr Land genommen und ihr Recht Land zu besitzen eingeschränkt.
4. Ansiedlung von Burmesen: Auf dem enteigneten Land wurden und werden Burmesen angesiedelt.
5. Zwangsarbeit: Die burmesischen Behörden zwingen Rohingya zur Arbeit an Infrastrukturprojekten sowie der Errichtung buddhistischer Bauwerke, oft auch auf dem vorher enteigneten Land. Die Rohingya und ihre Kultur werden so zunehmend marginalisiert. Schätzungen zufolge sind bis zu 40% der Zwangsarbeiter Kinder. Burma hat sich gemäß der ILO Konvention Nr. 29 und dem „Memorandum of Understanding“ verpflichtet, Zwangsarbeit abzuschaffen.
6. Eingeschränktes Recht auf Heirat und auf Kinder: Rohingya müssen einen Antrag stellen, um zu heiraten. Auf die Erlaubnis müssen sie trotz Zahlung hoher Bestechungsgelder oft Jahre warten. Des Weiteren müssen sie schriftlich versichern, dass sie nicht mehr als zwei Kinder kriegen. Bei Heirat ohne offizielle Erlaubnis oder mehr als zwei Kindern sowie Schwangerschaften ohne Heirat drohen Gefängnisstrafen, die oft mit Folter und Vergewaltigung verbunden sind. Unerlaubte Schwangerschaften werden mit Gewalteinwirkung abgebrochen, was nicht selten zum Tode der Mutter führt.
7. Verweigerung von Geburtsurkunden: Für viele Kinder, insbesondere in ländlichen Gebieten, werden keine Geburtsurkunden ausgestellt und Registrierungen verweigert. Letztere können manchmal durch Zahlung hoher Bestechungsgelder erreicht werden. Es gibt daher eine große Zahl offiziell nicht existenter Rohingyakinder, die Schätzungen zufolge mehrere Zehntausend beträgt. Burma ist Mitglied der UN Kinderrechts-Konvention.
8. Eingeschränktes Recht auf Bildung: Den Rohingya werden die Möglichkeiten zu einer adäquaten (primären) Schulbildung verwehrt. Ca. 80% der Rohingya sind Analphabeten. Die Chancen auf Bildung werden auch dadurch gemindert, dass die Kinder mit für das Überleben der Familie arbeiten müssen und keine Zeit haben zur Schule zu gehen, selbst, wenn sie doch die Möglichkeit bekommen.
9. Eingeschränkte medizinische Versorgung und Unterernährung: Medizinische Versorgung für Rohingya ist gering und wird durch die eingeschränkte Bewegungsfreiheit weiter erschwert. In den Zielländern der geflüchteten Rohingya (z.B. in Bangladesh) erhalten Rohingya dagegen ein Minimum. Laut einem UN Bericht von März 2010 leiden 26% der Rohingya im Rakhaing-Staat an Unterernährung und nur 30% haben Zugang zu medizinischer Versorgung und es gibt nur fünf Ärzte für eine Bevölkerung von mindestens 725.000 Menschen.
10. Illegale Besteuerungen, Diebstahl und Zerstörung von Privateigentum: Rohingya sind der Willkür der Behörden bei der Besteuerung ausgesetzt und müssen um ihr Privateigentum fürchten.
11. Diffamierung, Ausgrenzung und zunehmende rassistische und xenophobe Kampagnen: Rohingya werden von Regierung und einer zunehmenden Anzahl an Kampagnen und Vereinen als illegale Migranten oder Terroristen diffamiert und auf schwere und rassistische Art und Weise beispielsweise aufgrund ihrer körperlichen Erscheinung beleidigt. Insbesondere gegenüber den Rohingya Flüchtlingen ist die Rhetorik, wie auch in vielen westlichen Ländern, stark diskriminierend und de-personalisierend. So werden sie oft als „Problem“ und „Belastung“ bezeichnet, für die es eine „Lösung“ geben müsse.
12. Einseitige Schuldzuweisungen: Insbesondere bei den jüngsten Ausschreitungen im Juni 2012 wird den Rohingya von staatlicher und privater Seite vorschnell ohne genaue Untersuchung die Schuld an der Eskalation vorgeworfen. So kamen Schuldzuweisungen unter anderem direkt aus dem Büro von Präsident Thein Sein.
Es ist festzuhalten, dass die Rohingya aus rassistischen und xenophoben Gründen von der neuen, zivilen Regierung nicht minder schlecht behandelt werden, als von der alten. Sie sind nicht nur physischer, sondern auch psychischer Gewalt ausgesetzt, mit dem Ziel, sie aus dem Land zu vertreiben.
Die Methoden reichen von Vergewaltigung über Zwangsarbeit zur Errichtung buddhistischer Bauwerke auf ihrem Land bis hin zur erzwungenen Aufsicht über Schweine, was die Rohingya aus religiösen und kulturellen Gründen beleidigt. Manche Beobachter und Aktivisten sprechen gar von einem schleichenden Genozid.
Siehe auch:
Chronik der Gewalt im Arakan-Bundesstaat, Burma im Mai/Juni 2012
English:
On the persecution of the Muslim Minority of the Rohingya in Burma
The alleged democratization and opening of Burma (officially: Myanmar) did not bring any improvement for the Muslim minority of the Rohingya. For this reason, the persistent persecution, repression and discrimination of the Rohingya must be made public.
Of the estimated 2-3 million Rohingya world-wide only 725.000 to 1 million live in the federal state of Arakan (officially: Rakhine) in the Northwest of Burma adjacent to Bangladesh. The rest fled from the systematic persecution by the Burmese government since 1962 to foreign countries. Most live in Bangladesh, Thailand, Malaysia, Indonesia and Saudi-Arabia and other countries in the Middle East.
Based on the 1982 „Citizenship Act“ the Rohingya were deprived of their citizenship together with their civil rights. The Citizenship Act grants only those people the Burmese citizenship who belong to one of the official 135 minorities from which the Rohingya are excluded, despite living in Arakan for centuries.
In the following the most important and brutal forms of the repression and persecution will be presented:
1. Restricted Freedom of Movement: Without official permission the Rohingya are not allowed to leave their villages. This restriction is a hindrance in all important aspects of life: forging and cultivate social contacts, health care, education and employment as well as the registration of newborns in rural areas become almost impossible. Access to the federal states’ capital Sittwe (with the only university of the state) is denied. The impacts of the restricted freedom of movement are severe and the reasons and the catalysts of the persistent poverty of the Rohingya.
2. Rape, Detention, Torture, Murder and forced Exile: Rohingya live in constant fear of their lives and are exposed to the caprice of the security forces. Rape of women and girls, arbitrary detentions, torture and extra-judicial killings are daily fare and therefore escape into exile is the only way for many Rohingya to survive.
3. Confiscation of Land and prohibition of land ownership: Land gets increasingly confiscated and their rights to own land get more and more restricted.
4. Settlement of Burmese people on their land: The government relocates Burmese people to the confiscated land.
5. Forced Labour: Burmese officials force Rohingya to work in infrastructure projects and to erect Buddhist buildings on their very own land. This leads to increasing marginalization of the Rohingya and their culture. Furthermore, an estimated amount of 40% of the workers are children, despite of Burma’s signatory of the ILO Convention No. 29 and a “Memorandum of Understanding” which obliges Burma to abolish all forms of forced labour.
6. Restricted Right to Marry and to have Children: Without official permission marriage is not possible for Rohingya. The issuance usually needs, despite high bribes, several years. If they marry they have to covenant that they will not have more than 2 children. In case of marriage without permission or a third pregnancy as well as in the case of pregnancy outside of wedlock, Rohingya are sentenced to several years imprisonment. The imprisonments are often linked to torture and rape. Unauthorized pregnancies are forcibly aborted with high risk of the death for mothers.
7. Denied Issuance of Birth Certificates: For many children, especially those from rural areas, no birth certificates are issued and registration is denied. Registration can sometimes be reached via high bribes. As a consequence an estimated amount of several tens of thousands Rohingya children are officially non-existent. Burma signed the UN’s Convention of the Rights of the Child.
8. Restricted Right to Education: Chances for adequate (primary) education are strongly limited. An estimated of 80% of the Rohingya are illiterate. Due to the children’s participation in labour for the survival of the family (or forced labour) the chances for education decrease even further, even if the children have an opportunity to visit a local school.
9. Restricted Health Care and Malnutrition: Health care for Rohingya is very limited and is exacerbated by restrictions of movement. In host countries of refugees (e.g. Bangladesh) they receive the minimum. According to a study by the United Nations in March 2010, 26% of the Rohingya in Rakhine-state suffer from malnutrition and just 30% have access to health care services and just 5 doctors take care of at least 725.000 persons.
10. Illegal taxation, Theft and Destruction of Property: Exposed to the caprice of the authorities, Rohingya suffer from absurd taxation and have to fear for the destruction of their property.
11. Defamation, Isolation and increasing racist and xenophobe Campaigns: Officials and an increasing amount of civil society based campaigns defame Rohingya as illegal migrants or terrorists and severely insulted e.g. for their skin colour. Like in many Western countries, refugees are depersonalized and discriminated as “problems” or “burdens” that demand a “solution”.
12. Biased Assignment of Guilt: Especially in the light of the recent outbreaks of violence in Rakhine-state in June 2012 the Rohingya are one-sidedly accused by official and private actors of sparking the violence and of escalating the conflict. Accusations came for instance directly from the office of Burma’s president Thein Sein.
The bottom line is that the situation for the Rohingya has not improved at all since the new, officially civil, government under president Thein Sein, took office. They are still exposed to physical and psychological violence with the aim of driving them out of the country.
The methods to do so range from rape to forced labour to the erection of Buddhist buildings on their very own land up to forced supervision of pigs which insults the Rohingya due to their Muslim religion and culture. Observers and activists call the treatment of the Rohingya as silent genocide and according to the United Nations the Rohingya are the most persecuted ethnic minority in Asia and among the most persecuted in the world.
See also:
History of Violence in Rakhine-state, Burma in May/June 2012