Straflosigkeit und zunehmende Gewalt in Darfur

Während derzeit dutzende Konflikte aufflammen, scheint der schlimmste Genozid seit Ruanda 1994 in Vergessenheit zu geraten: Darfur. Wir werfen einen genaueren Blick auf die humanitäre Situation in Darfur und erörtern, warum Omar Al Bashir, der Präsident der Republik Sudan, weiterhin im Amt bleibt und seit seinem ersten Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof vor 5 Jahren bisher noch nicht nach Den Haag ausgeliefert wurde.

von Maurice Thaidigsmann; Foto: Al-Jazeera English/flickr

Die Situation in Darfur
Der Amnesty International-Jahresbericht von 2013 spricht von mehreren Massakern und einer generellen Weigerung der sudanesischen Regierung, die Gewalt zu verhindern. Sogar Attacken auf Fahrzeuge der Vereinten Nationen sind vorgefallen. Es gibt keine Zeichen der Besserung und auch in diesem Jahr wird gemordet und vergewaltigt. Die Völker der Fur, Masalit und Zaghawa sind immer noch in immenser Gefahr. Neue Berichte zeugen von massiven, ethnisch oder politisch motivierten Zusammenstößen.

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Das Ausmaß der Gewalt ist zwar schwer zu beurteilen, denn die sudanesische Regierung wehrt sich gegen die Öffnung des Landes für Nichtregierungsorganisationen, aber gemäß eines aktuellen Reports des UN-Flüchtlingswerks UNHCR gehört Sudan zu den 5 Ländern mit den meisten Binnenflüchtlingen. „400.000 Menschen wurden zusätzlich in den ersten Monaten von 2014 von Gewalt vertrieben, während Darfur das höchste Maß an Gewalt seit 2003-4 erlebt“, berichtet ein Netzwerk von NGOs in einem offenen Brief an den UN-Sicherheitsrat und den IStGH. Im Konflikt mit dem Südsudan verschärfen sich die Kämpfe ebenfalls.

Die Frage ist: Wie soll ein gewaltsamer Konflikt gestoppt werden, wenn die Verantwortlichen nicht davon abgehalten werden, weiterhin Befehle zu geben und auszuführen? Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist die Befassung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag mit der Angelegenheit.

Der IStGH und das Problem der strafrechtlichen Verantwortlichkeit
Der Internationale Strafgerichtshof untersucht derzeit vier Fälle in Verbindung mit der Situation in Darfur. Nicht nur Omar Al Bashir, der langjährige Präsident des Sudan, sondern auch Ahmad Harun (Staatsminister für humanitäre Angelegenheiten), Ali Kushayb (Anführer der Janjaweed-Milizen, die einen großen Teil der Kampagne gegen die Schwarzafrikaner in Darfur ausgeführt haben), Abdel Raheem Muhammad Hussein (Verteidigungsminister) und Abdallah Banda (Oberbefehlshaber der Rebellenorganisation JEM) sind für verschiedene Verbrechen nach dem Rom-Statuts des IStGH angeklagt.

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Der Fall Omar Al Bashir
Der wohl bekannteste von ihnen ist Präsident Omar Al Bashir. Eine Vorverfahrenskammer des IStGH ordnete am 4. März 2009 einen ersten Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gegen ihn an. Nach Revisionsklage des Anklägers ordnete die Kammer am 12. Juli 2010 einen zweiten Haftbefehl, nun wegen Völkermords, an. Insgesamt ist er wegen zehn Verbrechen nach dem IStGH-Statut angeklagt.

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Dennoch scheint er von den Anschuldigungen komplett unbeeindruckt. Wie kommt es, dass er weiterhin ins Ausland reisen kann? Nimmt er auf jede Reise eine private Verteidigungsarmee mit oder versteckt er sich lediglich gut genug? Keines von beiden: Omar Al Bashir reist mit seinen Regierungsangestellten zu offiziellen Besuchen und kommt dabei Staatschefs, Polizeichefs und Generälen so nahe wie jedes Staatsoberhaupt normalerweise auch. Es ist der fehlende Wille, ihn festzunehmen, der seine Reisen so sicher macht.

Von all den Fällen zu Darfur hat nur der Fall Abdallah Banda einen offiziellen Eröffnungstermin für die Anhörung, während die anderen Fälle aufgrund der Nichtausführung der Haftbefehle stagnieren. Nach Artikel 59 und 86 ff. des Statuts muss jeder Vertragsstaat mit dem IStGH kooperieren und Haftbefehle, Vorladungen oder Auslieferungsanordnungen ausführen, wenn sich einer der Angeklagten auf seinem Territorium befindet. Trotz dessen, vor allem im Fall Omar Al Bashir, kommen viele Staaten dieser Pflicht nicht nach. Das Projekt Bashirwatch hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Reisen des Sudanesischen Präsidenten und die Fälle der Nichteinhaltung des IStGH-Statuts zu dokumentieren: „Andere Ländern haben trotz dessen Bashir nicht in die Verantwortung genommen. China, ein UN Sicherheitsratsmitglied, erlaubte einen Staatsbesuch von Bashir in 2011. Ebenso IStGH-Vertragsparteien Tschad, die demokratische Republik Kongo, Dschibuti und Nigeria. Andere, die Bashir ebenfalls willkommen hießen, sind unter Anderem Ägypten, Eritrea, Äthiopien, Iran, Irak, Kuwait, Libyen, Katar, Saudi Arabien und Südsudan“. Vor kurzem hat eine Kammer des IStGH den Sicherheitsrat über Bashirs Besuch in der demokratischen Republik Kongo am 26. und 27. Februar informiert, während dem er nicht verhaftet und nach Den Haag gesendet wurde.

Es ist leicht zu sehen, welche Staaten den Sudanesischen Präsidenten weiterhin stützen und dass die Verfahren gegen Bashir und andere nicht in der Lage sind, die Straflosigkeit zu beenden, solange diese Staaten nicht effektiv mit dem IStGH kooperieren. Der einzige Fortschritt, den die Fälle noch machen, ist das Hinzufügen von Beweisen durch die Ermittlungen des Büros des Chefanklägers, wie ein IStGH-Repräsentant kürzlich der Gesellschaft für bedrohte Völker erklärte.

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