Roma in Russland – Opfer von Diskriminierung

Am Morgen des 26. Oktober haben Unbekannte im Dorf Verchnaja Elschanka bei Wolgograd versucht, das Haus der Familie Goganov nieder zu reißen. Nun soll sich der Staatsanwalt mit dem Konflikt befassen. Die Roma leben schon seit 1990 in Verchnaja Elschanka. Vor einigen Jahren versuchte die Gruppe -nach zunehmender Diskriminierung in Wolgograd- ihr Glück im Kreis Archangelsk. Dort agitierte der Bürgermeister gegen sie, ihre Häuser wurden niedergebrannt und so mussten sie nach Wolgograd zurückkehren. Auf einer Brache bauten sie ein neues kleines Dorf auf. Seit sieben Jahren versuchen sie, das Recht an diesen Grundstücken zu erwerben. Nun hat jemand genau dieses Stück Land gekauft und versucht die Roma zu vertreiben. In dem Haus, das zerstört werden soll, leben im Moment 12 Personen, darunter sechs Kinder und zwei Invaliden.

Foto: GfbV-Archiv

Familie Goganov sagte Korrespondenten des Portals „Kavkaz-Uzel“ gegenüber, sie hätten keine Vorwarnung erhalten, dass ihr Haus zerstört werden sollte. Sie riefen die Polizei, diese traf aber erst zwei Stunden später am Ort des Geschehens ein.

Offiziellen Angaben zufolge leben in Russland 182.000 Roma. In Wirklichkeit sollen es jedoch fünfmal mehr sein. Sie spielten in der russischen Literatur eine wichtige Rolle. Das Gros der russischen Bevölkerung hat jedoch vollkommen romantisierte Vorstellungen über das Leben dieser Gruppen. Dies stellt Roma-Expertin Stefania Kulaewa vom St. Petersburger „Anti-Diskriminierungszentrum Memorial“ in einem Beitrag heraus. Bedingt durch ihren wirtschaftlichen Niedergang und die fehlende Bereitschaft der Behörden, Integration zu fördern, verschlechtere sich ihre Lage zusehends.

Roma-Kinder würden häufig keine Schule besuchen. Selbst zum Essen fehle den Eltern oft das Geld. Da sei vielerorts an Schulbücher nicht zu denken. Und schlechte Russischkenntnisse vieler Roma erschwerten den Schulbesuch zusätzlich. Tausende von Roma seien noch im Besitz ihrer alten sowjetischen Pässe. Vielerorts weigerten sich die Beamten, ihnen neue russische Pässe auszustellen.

Dass Roma gerne in Stadtnähe siedeln, wurde ihnen mancherorts zum Verhängnis, sind doch diese Gebiete als Baugebiet für Datschen sehr begehrt. Baugenehmigungen und Eintragungen ins Grundbuch zu bekommen sind sehr schwierig und für Roma fast unmöglich. Immer wieder werden Roma-Siedlungen deshalb angegriffen, abgerissen oder sie zum Verlassen der Gebiete aufgefordert.

Der frühere norwegische Aussenminister Knut Vollebaek wurde vor kurzem zum Hochkommissar für nationale Minderheiten der OSZE ernannt. Der Hochkommissar trägt die Verantwortung für die Weiterverfolgung der Probleme nationaler Minderheiten in den Mitgliedsländern der OSZE. Zum Amtsantritt am 10.10. 2011 veröffentlichte er eine Presseerklärung zur Lage der Roma.

Die Roma seien, so Vollebaek, in der letzten Zeit in ganz Europa immer wieder angegriffen worden. Dabei werde eine ganze Gruppe stigmatisiert– unter dem Vorwand, dass angeblich ein einziges Mitglied der Gruppe ein Verbrechen begangen habe. Mit Nachdruck wies Vollebaek darauf hin, dass Gewalt und Terror extremistischer Gruppen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch die allgemeine Stabilität und Glaubwürdigkeit der europäischen Staatengemeinschaft als demokratische, multi-ethnische Rechtsstaaten bedroht, wenn dem nicht entschlossen entgegengetreten werde.

Da werden wir ihn mal über die Lage der Roma, die in Russland – immerhin auch einem OSZE-Mitgliedsstaat- unterschiedlichen Gruppen angehören, informieren!

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