Gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) veranstalteten wir am 23. März dieses Jahres in Berlin ein wissenschaftliches Symposium zu Wolfs- und Kriegskindern. Internationale Expert*innen diskutierten die vielfältige Erfahrung von Kindern in Mittel- und Osteuropa im und nach dem Zweiten Weltkrieg. In der anschließenden Abendveranstaltung fand ein Gespräch mit Zeitzeug*innen statt.
Von Jasna Causevic, Referentin für Genozidprävention und Schutzverantwortung; Fotos: Rüdiger Knobloch / bpb
Im besetzten Polen und den Ländern der Sowjetunion litten Millionen von Kindern unter Zwangsarbeit oder wurden nach Deutschland verschleppt. Kinder mit Behinderung wurden von den Besatzern in Euthanasie-Aktionen ermordet. Sogenannte Wolfskinder flüchteten nach 1945 ohne Eltern aus dem Gebiet des ehemaligen Ostpreußens in das benachbarte Litauen. Heute wird ihre Zahl auf bis zu 20.000 geschätzt. Ihre Erfahrungen und Erinnerungen sind von Zwangsarbeit, Hunger und Identitätsverlust geprägt.
Erst die politischen Veränderungen 1989/1991 und die damit einhergehende Besuchsmöglichkeit der Erlebnisorte in Königsberg (Kaliningrad) und der baltischen Region boten günstige Konstellationen, um Sachverhalten und verschlungenen Lebenswegen der Wolfskinder erstmals vollständig nachzugehen. Seit mehr als 30 Jahren kann nun zu diesem Thema geforscht, interviewt, geschrieben und gefilmt werden – und das bei nicht nachlassendem öffentlichen Interesse. Zunehmend lassen sich im öffentlichen Raum Hinweise auf die Schicksale der Wolfskinder finden, etwa im brandenburgischen Kyritz, wo es nach dem Krieg ein Heim für viele anhanglose Ostpreußenkinder gab, oder auf dem Waldfriedhof München, wo an die ostpreußischen Hungeropfer erinnert wird. Im Rahmen der Entschädigung ziviler deutscher Zwangsarbeiter*innen erkannte das entscheidende Gremium im Bundesministerium des Innern im Sommer 2017 den Wolfskindern offiziell ein „besonderes Kriegsfolgenschicksal“ zu.
Ziel des wissenschaftlichen Symposiums in Berlin war, einen Austausch über die Wolfskinder zu gestalten und ihre Geschichte sowie Fragen der (transnationalen) Erinnerung zu erörtern. Zudem wurde mit der Einladung ehemaliger Wolfskinder ein Fokus auf die Betroffenenperspektive gesetzt und ihre Vergangenheit einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Neben den Wolfskindern gab es Perspektiverweiterungen zu anderen Kriegskindern. Auf diese Weise wurde die Vernetzung der im Feld aktiven Personen sowie die Vermittlung von Fachwissen gefördert.
Ziel des wissenschaftlichen Symposiums in Berlin war, einen Austausch über die Wolfskinder zu gestalten und ihre Geschichte sowie Fragen der (transnationalen) Erinnerung zu erörtern. Zudem wurde mit der Einladung ehemaliger Wolfskinder ein Fokus auf die Betroffenenperspektive gesetzt und ihre Vergangenheit einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht. Neben den Wolfskindern gab es Perspektiverweiterungen zu anderen Kriegskindern. Auf diese Weise wurde die Vernetzung der im Feld aktiven Personen sowie die Vermittlung von Fachwissen gefördert.
Fotos vom Symposium in Berlin. Credit: Rüdiger Knobloch / bpb
Zusammen mit der bpb hielten wir fest: Mit diesem Symposium sind die Wolfskinder im bundesdeutschen Erinnern angekommen: Endlich gibt es nicht nur ein Gehör für ihre Geschichten, sondern auch Respekt und Anerkennung für die Kriegskinderschicksale. Die letzten Überlebenden mahnen uns, sensibler zu werden, generell für das Leiden der Kinder, für Unrecht und Verbrechen an Kindern, das wir tagtäglich erleben. Daraus ergibt sich von selbst, dass man politisch mit noch größerem Einsatz auf stabile Verhältnisse in Krisenregionen hinwirken muss, dass wir Kinderlobby stärken müssen und dass unsere Gesellschaft, unser Staat, alle Formate der Erinnerungskultur fördern müssen. Wir hoffen, dass wir auf dem Symposium zur stärkeren Vernetzung der im Feld aktiven Wissenschaftler*innen beitragen sowie die Vermittlung von Fachwissen fördern konnten.
Eine komprimierten online-Dokumentation wird bald erscheinen. Eine Printdokumentation der GfbV, für die wir uns auch die Mitarbeit der Teilnehmenden am Symposium erwünschen, wird folgen.
Presseecho