Kinder sind eine sehr vulnerable Gruppe. Das gilt insbesondere für Kinder von Indigenen, die sich aufgrund ihrer Herkunft Diskriminierung und anderen Bedrohungen gegenübersehen müssen. Sowohl erwachsene Indigene als auch die indigene Jugend selbst kämpfen auf vielfältiger Weise für das Wohl indigener Kinder und Jugend.
Von Sven Meyer; Foto: Vitor Marinho/flickr BY 2.0
„In den Staaten, in denen ethnische, religiöse oder sprachliche Minderheiten oder Personen indigener Herkunft existieren, soll einem Kind, das zu einer solchen Minderheit angehört oder indigen ist, das Recht, in Gesellschaft mit anderen Mitgliedern seiner oder ihrer Gruppe seine oder ihre eigene Kultur auszuleben, sich zu seiner oder ihrer eigenen Religion zu bekennen und auszuüben oder seine oder ihre eigene Sprache zu verwenden, nicht verwehrt werden.“ So steht es in Artikel 30 der UN-Kinderrechtskonvention geschrieben. Zum aktuellen Zeitpunkt hat das Dokument 196 Staaten als Parteien, die die Konvention ratifiziert oder akzeptiert haben. Das bedeutet, dass die Staaten die Konvention unter dem Völkerrecht als bindend betrachten.
Die UN-Kinderrechtskonvention ist das erste rechtsbindende internationale Instrument, dass sich mit den Bedürfnissen und den Rechten von Kindern auseinandersetzt. Sämtliche Rechte der Kinderrechtskonvention gelten für alle Kinder der Welt. Der bereits erwähnte Artikel 30, sowie Artikel 29 und 17 beziehen sich hierbei direkt auf die Rechte indigener Kinder. Auch die UN-Deklaration der Rechte indigener Völker schützt mit mehreren Artikeln explizit die Rechte indigener Kinder und Jugend. Trotzdem sehen sich indigene Kinder noch immer einer Vielzahl von Bedrohungen gegenüber. Zu diesen gehören unter anderem Diskriminierung, Zwangsumsiedlungen, Landverlust, mangelnder Rechtsschutz und mangelnde Gesundheitsdienstleistungen. Aufgrund dieser Bedrohungen und den generationsübergreifenden Auswirkungen von Kolonialismus und Assimilierungspolitik ist die indigene Jugend insbesondere Risiken von körperlicher und seelischer Gewalt ausgeliefert. Folgen davon sind auch höhere Raten von Suizid und Selbstverletzungen im Vergleich zu anderen Jugendlichen.
Indigene Organisationen zum Wohl der Kinder
Doch um dem entgegenzuwirken, setzen sich Indigene auf vielfältiger Art und Weise für ihre Kinder und ihre Jugend ein. Dazu gehört die Arbeit in verschiedenen Nichtregierungs-Organisationen und Wohltätigkeitsvereinen, die sich auf unterschiedliche Themen und Herangehensweisen konzentrieren.
Eines der Grundprinzipien der Victorian Aboriginal Child Care Agency (VACCA) ist das Recht der Kinder „gehört ernährt und sicher“ zu sein. Den Kindern sollen Bildung, Gesundheitsversorgung und Möglichkeiten für das „soziale und emotionale Wohlergehen“ bereitgestellt werden. Fundamental wird auch das Recht der Kinder der Aboriginal Australians angesehen, ihre Identität als Aborigine auszuleben. Weitere Prinzipien der VACCA ist die Arbeit für Gemeinschaften der Aborigines wie der Einsatz für deren Selbstbestimmung. Auch SNAICC – National Voice for our Children setzt sich für die Kinder der Aborigines und der Torres-Strait-Insulaner ein. Zum Beispiel organisiert die Organisation jedes Jahr eine nationale Auftaktveranstaltung für den nationalen Aborigine und Torres-Strait-Islander Kindertag, der jedes Jahr am vierten August gefeiert wird. Die Organisation children’s ground setzt sich in Australien für ein System ein, dass zum Wohl der Kinder Indigene anerkennt und indigenes Wissen und Systeme privilegiert. Gearbeitet wird in fünf zentralen Bereichen, namentlich: Bildung, Gesundheit, ökonomisches Wohlergehen, Kultur und Gemeinschaft. Sowohl indigenes Wissen als auch internationale Praktiken werden herangezogen, damit ihre „Stimme und Talent Wandel schaffen wird“.
In Kanada wurde 1998 bei den indigenen Squamish bei einem nationalen Treffen der Kinder- und Familien-Dienstleistungsagenturen der indigenen Völker die First Nations Child and Family Caring Society of Canada gegründet, um „Forschung, eine politische Linie, professionelle Entwicklung und Vernetzung“ zu gewährleisten. Die Organisation nutzt zum Wohl der Kinder Bildungsinitiativen, öffentliche Kampagnen und stellt Ressourcen bereit, um Gemeinschaften zu unterstützen, damit Kinder „sicher zuhause aufwachsen können, […] ihre Träume verwirklichen, ihre Sprache und Kultur ausleben und stolz darauf sein können, wer sie sind“. Die Organisation Spirit North versucht durch Sport und Spiel die indigene Jugend zu fördern, damit diese Selbstvertrauen und Mut aufbaut, die „notwendig ist, um die Schwierigkeiten zu überkommen, die sich indigene Jugend häufig gegenübersieht“.
Einsatz der indigenen Jugend
Aber auch die indigene Jugend selbst setzt sich organisiert für ihre Rechte und ihr Wohlergehen ein. Aus diesem Grund wurde zum Beispiel im Jahr 2000 der Globale Indigene Jugendausschuss als Forum etabliert. In 2008 wurde der Ausschuss vom Ständigen Forum für Indigene Angelegenheiten als Arbeitsausschuss anerkannt. Vertreter*innen der indigenen Jugend, die am Forum teilnehmen, stammen aus der gesamten Welt und entwickeln gemeinsam Stellungnahmen und Positionen, um Anliegen der indigenen Jugend international anzusprechen.
Indigene Einzelpersonen
Aber nicht nur in Organisationen, sondern auch als Einzelpersonen kämpfen Indigene für das Wohl ihrer Kinder und Jugend. Beispielhaft hierfür ist die Arbeit der indigenen Kinderrechtsaktivistin Cindy Blackstock oder die von Yosifu Kacaw. Cindy Blackstock setzt sich mitunter für eine ordentliche Aufarbeitung der Todesfälle indigener Kinder in Residential Schools in Kanada ein und wünscht sich, dass die Regierung für ihr Nichthandeln in diesen Fällen zur Rechenschaft gezogen wird und sieht nun durch die aufgekommenen Berichte eine „Möglichkeit die Muster der Gedankenkontrolle und des Kolonialismus aufzubrechen“. Der Künstler Yosifu Kacaw, indigener Amis aus Taiwan, kehrt regelmäßig in sein Heimatdorf Matailin zurück und interagiert dort mit den Kindern in der Grundschule, um ihr Selbstvertrauen zu steigern. Er möchte damit erreichen, dass die Kinder ihre eigenen Kreationen teilen und Erfolgserlebnisse verspüren. Durch den Einsatz indigener Themen, sollen Indigene weiterer Stigmatisierung entkommen können.
Wie können Außenstehende helfen?
Auch wenn Indigene sich engagiert für ihre Kinder einsetzen, ist es an uns allen die Rechte der Kinder zu wahren und Diskriminierung zu beenden. Hierfür können wir Indigene auf vielfältiger Weise in ihrem Kampf für das Wohl ihrer Jugend unterstützen. Möglichkeiten dazu sind das Teilen dieses Beitrages und anderer, die sich für indigene Kinder einsetzen, das Folgen von Organisationen und indigenen Kinderrechtsaktivist*innen und Künstler*innen über Social Media. Und selbstverständlich, dass man nicht vorbeisieht oder nur zuschaut, wenn Diskriminierung vor den eigenen Augen geschieht. Damit alle Kinder dieser Welt frei ihr eigenes Leben führen können.
Quellen
[1] Convention on the Rights of the Child text | UNICEF
[2] UNTC
[4] Children and Youth | United Nations For Indigenous Peoples
[5] Our Guiding Principles – VACCA
[7] Our Approach – Children’s Ground (childrensground.org.au)
[8] About Us | First Nations Child and Family Caring Society (fncaringsociety.com)
[9] Who We Are — Spirit North (spiritnorthxc.ca)
[10] About – Global Indigenous Youth Caucus
[11] Cindy Blackstock: Indigenous children are worth fighting for – Dal News – Dalhousie University