Die nachfolgende Erklärung wurde am 13. Mai 2013 veröffentlicht und ist im englischen Wortlaut auf der Internetseite von Greenpeace nachzulesen. Die indigenen Völker der Arktisanrainerstaaten warnen darin nachdrücklich vor den Gefahren einer industriellen Erschließung und der Ölförderung in der Arktis für die Umwelt und kündigen ihren Widerstand gegen die Gefährdung ihrer Lebensgrundlage an. Ihre Erklärung wurde inzwischen von mehr als 40 indigenen Organisationen und Personen unterzeichnet.
13. Mai 2013 (Kiruna, Schweden). Nachdem weitere 15 indigene Gruppen ihre Unterschrift unter eine gemeinsame Stellungnahme gesetzt haben, in der die Entwicklung der Ölindustrie in der Arktis abgelehnt wird, gehören der Koalition nunmehr indigene Organisationen aus sämtlichen Staaten der Arktis an, darunter auch zwei mit ständigem Sitz im Arktisrat.
Dies zeigt deutlich, dass die Opposition gegenüber Ölbohrungen in der Arktis bei jenen indigenen Gemeinden, die durch die Industrialisierung ihrer Territorien am stärksten beeinträchtigt werden würden und die als erste unter den Folgen eines Öl-Unfalls zu leiden hätten, zunimmt.
„Diese Konferenz ist ein Anhaltspunkt dafür, in welche Richtung die Welt gehen wird“, sagte Bill Erasmus, Dene National Chief und stellvertretender Vorsitzender des internationalen Arctic Athabaskan Council, der einen ständigen Sitz beim Arktisrat innehat. „Die Menschen sind in Sorge um das Land, unabhängig von ihrem Hintergrund oder Beruf, und sie beginnen aus dieser Sorge heraus sich zusammenzuschließen.“ Diese Botschaft will Erasmus auch in das Außenministertreffen des Arktisrates am 15. Mai in Kiruna tragen.
Am Vorabend der Konferenz des Arktisrates haben 70 Menschen aus sieben Arktisanrainerstaaten an der Konferenz „Die Völker der Arktis: Gemeinsam für ein besseres Morgen“ teilgenommen, die zum zweiten Mal auf Einladung des Komitees Save the Pechroa und von Greenpeace veranstaltet wurde, um die indigenen Gemeinden aus allen Teilen der Arktis besser untereinander zu vernetzen und die Beziehungen zwischen indigenen Völkern und Umweltgruppen zu verbessern.
Die „Gemeinsame Erklärung der indigenen Solidarität für den Schutz der Arktis“ entstand im August 2012 während der ersten „Jahreskonferenz der Indigenen Völker der Arktis“ in Usisnk/Russland. Damals haben 22 Repräsentanten und Organisationen russischer Indigener Völker die Erklärung unterzeichnet, auch der indigene Dachverband RAIPON, der ebenfalls ständiges Mitglied im Arktisrat ist. Hinzu kamen ein Jäger der Inuit aus Grönland und eine Organisation aus Nigeria. In den Monaten nach der Konferenz schlossen sich auch der Alaska Inter Tribal Council und das EU-Russia Civil Society Forum den Unterzeichnern an.
Nach zweitägigen Präsentationen zum Beispiel zu den Auswirkungen von Rohstoffförderung und Klimawandel auf die indigenen Gemeinschaften unterzeichneten weitere 15 Gruppen und Einzelpersonen die Stellungnahme, darunter der Arctic Athabaskan Council, die Dene Nation., die Assembly of the First Nations in the North West Territories, the Youth Council of Sami Parliament in Schweden, Avataq (Umweltorganisation aus Grönland), das Indigenous Peoples Secretariat, ein Bürgermeister aus Alaska und weitere indigene Organisationen.
„Wenn die Außenminister des Arktisrates sich morgen hier in Kiruna treffen, wird dies vor dem Hintergrund dieser Erklärung und dieser machtvollen indigenen Völker geschehen, die sich hier zusammengeschlossen haben, um Ihre Heimat zu beschützen“, sagte Kumi Naidoo, Geschäftsführer von Greenpeace International und Teilnehmer der Konferenz.
Mit dieser Erklärung geben die Indigenen Völker der Arktis ein sehr deutliches Signal an den Arktisrat, die Arktis gegen das schmutzige Ölgeschäft zu schützen, anstatt seine Energie für eine zahnlose Vereinbarung über die Reaktion auf eine Ölpest zu verschwenden, die das Papier nicht wert ist, auf dem sie gedruckt wurde. Stattdessen sollte der Arktisrat zu einem ursprünglichen Mandat zurückkehren, die Arktis zu schützen und auf die Ureinwohner dieses Landes zu hören.
Die „Gemeinsame Erklärung der indigenen Solidarität für den Schutz der Arktis“
Wir, die Völker des Nordens, haben schon zu lange die Erfahrung gemacht, dass unsere Menschen unterdrückt werden und unser Land barbarisch zerstört wird. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Kräfte bündeln und von den Ölgesellschaften und den Arktischen Staaten fordern, ihre Richtung zu ändern und endlich damit zu beginnen, auf die Stimmen der Ureinwohner dieses Landes zu hören.
Die Völker des Nordens lassen sich nicht länger mit Pfennigen kaufen, um dann schweigend daneben zu stehen, während die Ölgesellschaften unser Land zerstören. Unsere Kultur und Geschichte können nicht einfach gekauft und mit Pipelines und Bohrgestänge ersetzt werden. Unsere Lebensweise bestimmt wer wir sind, und wir werden uns erheben und um unsere Natur und die Umwelt kämpfen. Zu viele sind schon auf die Abhängigkeit von der Großmut der Ölgesellschaften zurückgeworfen worden. Der endlose Hunger nach Profiten darf nicht länger unsere Rechten und unsere Fähigkeit, aus eigener Kraft zu leben, mit Füßen treten. Unser Land und unsere Kultur müssen für kommende Generationen bewahrt werden.
Wenn es gelingen sollte uns zu teilen, werden wir dem Druck der Ölfördergesellschaften, die unsere Heimat für ihre Zerstörung öffnen wollen, nicht standhalten können. Heute schließen wir unsere Kräfte zusammen und weigern uns, noch länger schweigend am Rande zu stehen, während unser Land zerstört wird.
Gemeinsam fordern wir:
Einen Bann gegen jegliche offshore-Ölbohrungen im Arktischen Schelf. Wir können das ökologische Risiko und die zerstörerischen Auswirkungen einer Ölpest in unseren Gewässern nicht akzeptieren. Das allerorten unverantwortliche Handeln der Ölgesellschaften hat uns mehr als genug Beweise dafür geliefert, dass es unvermeidlich zu einer Ölpest im Arktischen Ozean kommen würde. Zugleich existiert keine wirksame und bewährte Methode, eine Ölpest im gefrierenden Eismeer zu vermeiden oder deren Folgen zu beseitigen.
Ein Moratorium für onshore-Ölbohrungen in der Arktis. Ölgesellschaften haben immer wieder gezeigt, dass sie für nichts als ihren Profit Respekt haben. Solange bis die Ölgesellschaften und die Regierungen der Arktisstaaten die Verantwortung für die zerstörerischen Auswirkungen auf die Umwelt übernehmen, muss das Land der indigenen Völker ihnen verschlossen bleiben.
Jegliche Rohstoffförderung und Industrialisierung im Land indigener Völker soll nur mit der ausdrücklichen Zustimmung der Einwohner des betreffenden Landes möglich sein. Außerdem müssen indigene Völker auf sozialer Ebene und finanziell von jeglicher gewerblichen Rohstoffförderung profitieren. Wir werden es nicht zulassen, dass die Arktis zu einem weiteren Industriegebiet wird, das zerstört wird, um Gewinne für die Wirtschaft zu erzielen.
Wir fordern alle indigenen Völker der Arktis auf, sich uns anzuschließen und diese Resolution zu unterstützen.
Es folgt die Liste der Unterzeichner. Sie kann ebenso wie diese Erklärung im englischen Original auf der Homepage von Greenpeace nachgelesen werden. Übersetzt aus dem Englischen von Yvonne Bangert