Mit viel Druck aus dem Ausland haben die USA am letzten Wochenende eine Lösung im Machtkampf in Afghanistan zwischen dem amtierenden Staatspräsidenten Aschraf Ghani und seinem Rivalen Abdullah Abdullah erzwungen. Die nun erzielte Machtteilung soll den innenpolitischen Streit beilegen. Seit den Wahlen vor acht Monaten rangen die Kontrahenten um die Macht und beanspruchten beide das Präsidentenamt. Eine absurde Situation, die den geplanten Abzug der US-Streitkräfte aus dem Land gefährdete.
Von Ulrich Delius, GfbV-Direktor; Foto: Northern Alliance troops under General Dostum’s command in Mazar-e Sharif take a break on a wall in the median of the town’s busiest street. Image Source
Während die US-Regierung versucht, ein Bild des Friedens in dem seit Jahren umkämpften Land zu zeichnen, geht das Morden weiter. Erst letzte Woche wurden 15 junge Mütter und zwei ihrer Babies auf einer Entbindungsstation eines Kabuler Krankenhauses kaltblütig und gezielt von Terroristen erschossen. Verbrechen gegen die Menschlichkeit wie dieses sind wieder alltäglich in Afghanistan. Auch Angehörige der schiitischen Hazara-Minderheit fallen oft Terroranschlägen sunnitischer Extremisten zum Opfer.
Doch das Morden an der Zivilbevölkerung ist kaum ein Thema: US-Präsident Donald Trump drängt zum schnellen Abzug der US-Soldaten, um sein Wahlversprechen zu erfüllen – rechtzeitig bevor der nächste US-Wahlkampf beginnt.
Afghanistans Blutsäufer bekommt Ehrenamt
Großer Gewinner des afghanischen Machtpokers ist General Abdul Rashid Dostum. Der Warlord soll den Ehrentitel eines „Marschalls“ erhalten; zu viel der Ehre, denn Dostum ist ein Kriegsverbrecher. Er ist eine der grausamsten Persönlichkeiten des Landes. Der blutige Kriegsherr mit eigener Miliz stammt aus der usbekischen Minderheit und hat es über Jahrzehnte geschickt verstanden, immer neue Koalitionen zu bilden, um seine Macht auszuweiten. Mit unvorstellbarer Brutalität ließ er Anfang des Jahrhunderts die Taliban bekämpfen, Stadtviertel der umkämpften Hauptstadt Kabul zerschießen, Frauen vergewaltigen. Kein Mittel ist ihm zu schade, um andere zu entwürdigen. So ließ er einen usbekischen Konkurrenten vor eigenen Augen vergewaltigen.
Doch am schwersten wiegt seine Mitschuld am gewaltsamen Tod vieler gefangengenommener früherer Taliban-Kämpfer. Dostums Milizionäre hatten im November 2001 tausende Taliban überwältigt. Doch nur ein Teil dieser Kämpfer kam im Shebergan-Gefängnis im Norden des Landes lebend an. Dostums Miliz hatte die Männer in Stahlcontainer gepfercht und ließ sie in die Wüste bringen. Dort wurden sie in sengender Sonne ohne Trinkwasser und Frischluft mehrere Tage abgestellt. Augenzeugen berichteten, bis zu 200 Menschen seien in jedem Behälter eingesperrt gewesen. Dostums Milizionäre schossen wahllos in die Stahlwände, bis Blut aus den Containern floss. Wer nicht verdurstet oder erstickt war, fiel unter den Salven von Maschinenpistolen, als Dostums Milizionäre die Türen der Container öffneten. Rund 2.000 frühere Taliban-Kämpfer fielen der Gräueltat zum Opfer.
Ein echter Menschenfreund, der umtriebige Warlord Dostum, dessen Platz eher auf der Anklagebank des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag sein sollte, statt als ehrenwerter Marschall Afghanistans Sicherheitskräfte zu repräsentieren.