Wahlgesetze in den USA benachteiligen Angehörige von Minderheiten

Am 6. November 2018 finden in den USA die sogenannten Midterms statt. Diese Wahlen, bei denen ein Drittel der Senatoren, das gesamte Repräsentantenhaus, einige Gouverneure und die Parlamente der meisten Bundesstaaten neu gewählt werden, sind seit Wochen heiß umkämpft. Sowohl die Demokraten als auch die Republikaner stehen massiv unter Druck. Und der Wahlkampf hört in manchen Bundesstaaten nicht mal bei den Wahlgesetzen auf.

von Till Schlosser; Foto: Erik (HASH) Hersman via Flickr

Das Wahlsystem in den USA hat – anders als in Deutschland – keine automatische Wahlregistrierung. Wahlberechtigte Bürger müssen sich fristgerecht für Wahlen anmelden. Ist eine Person einmal für Präsidentschafts- und Zwischenwahlen angemeldet, muss sie sich nur noch um eine Korrektur ihrer Registrierung bemühen, wenn sich ihre Lebensumstände wie beispielsweise ihr Name oder ihre Adresse geändert hat.

Bei dem Wahlprozess der USA, von der Registrierung bis zur Auszählung, gibt es eine Vielzahl von Praktiken und Regelungen, die Menschen direkt oder indirekt von ihrer Stimmabgabe abhalten oder die Ergebnisse so verändern, dass sie einer Partei zu Gute kommen. Diese Praktiken sind in den USA als ‚voter suppression‘ (dt.: Wahlrechtsausschluss) bekannt. Diese ‚voter supression‘ werden oft mithilfe von Wahlgesetzen eingeführt und so muss das US-Verfassungsgericht häufig über die Rechtmäßigkeit von Wahlgesetzen und Regelungen entscheiden.

Am 09. Oktober dieses Jahres gab das Verfassungsgericht zu erkennen, dass ein neues Gesetz des Staates North Dakota zur sogenannten ‚Voter ID‘ (dt.: Wähler-Identifizierung) mit der Verfassung der USA vereinbar sei. Diese Entscheidung sorgte für viel Wirbel, denn das Gesetz sieht vor, dass Menschen einen Ausweis mitbringen sollen, der nicht nur Name, sondern auch zusätzliche Identifikation beinhalten soll. Das klingt grundsätzlich normal, aber das Problem hierbei ist: Nicht alle wahlberechtigten Bürger besitzen so eine Karte. Eine Großzahl von Native Americans lebt an abgelegenen Orten oder in Reservaten und besitzt oft keine Adresse, die für die zusätzliche Identifikation wichtig ist. Ohne Adresse können sie demnach auch nicht so eine Karte besitzen, um sich für die Wahlen auszuweisen. Damit sind viele Native Americans vom Wahlprozess ausgeschlossen.

Weitere geforderte Identifiaktionsmittel sind beispielsweise Kontoauszüge oder Rechnungen von Strom, Gas oder Wasser. Belege, die Menschen, die von Armut oder Obdachlosigkeit betroffen sind, nicht vorlegen können.

Diese „Voter ID laws“ schränken in North Dakota überproportional Native Americans und die ärmere Bevölkerung ein. Und North Dakota ist dabei leider keine Ausnahme. In vielen US-Bundesstaaten gibt es Gesetze, die das Wahlrecht von bestimmten Personengruppen einschränken. Eines haben diese Gruppen gemeinsam: Sie sind Minderheiten und wählen durchschnittlich eher demokratisch als republikanisch.

Die Washington Post untersuchte Präsidentschaftswahlen von 2006 bis 2014 und fand heraus, dass die Wahlbeteiligung von Afroamerikanern, asiatischen Amerikanern und vor allem Lateinamerikanern in Staaten mit strengen „Voter ID laws“ um bis zu 7 Prozent abnahm Das Resultat sind Wahlergebnisse zu Gunsten der Republikanischen Partei.

„Voter ID laws“ sind nur eine von vielen Methoden, die bewirken, dass Menschen von der Wahl ausgeschlossen und die eigentlichen Wahlergebnisse in konservativere Richtungen verzerrt werden. So gibt es Gesetze, dass Menschen, die in der Vergangenheit für ein Verbrechen verurteilt wurden, nicht mehr wählen dürfen. Dieser Wahlausschluss von ca. 6., Millionen Menschen beeinflusst ebenfalls die Wahlergebnisse. 77 Prozent dieser Menschen leben ein normales Leben außerhalb von Gefängnissen und gehören überwiegend ethnischen Minderheiten an.

In den USA führen solche Regelungen und Gesetze zu einer langfristigen Veränderung der Wahlergebnisse. Die wirkliche Bevölkerung der Vereinigten Staaten ist bei dem Ausgang von Wahlen demnach nicht umfassend repräsentiert.

[Zum Autor]

TILL SCHLOSSER studiert Politikwissenschaften an der Georg-August-Universität Göttingen. Während seines Studiums absolvierte er ein Praktikum bei der Gesellschaft für bedrohte Völker im Referat für indigene Völker, in dem er vorrangig zur Lage in Nordamerika recherchierte.

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