Von Kopenhagen über Luxemburg nach Barcelona: Katalanisches Wechselbad der Gefühle

Autor: Jan Diedrischen, GfbV-Bundesvorsitzender

Alfred Bosch (Mitte) Bild: Marc Puig i Perez

Alfred Bosch, der für auswärtige Angelegenheiten zuständige Minister der katalanischen Regionalregierung, erlebte am 18. Dezember während seines Besuchs in Kopenhagen ein Wechselbad der Gefühle. Im Gegensatz zu der katalanischen Delegation, die kurz zuvor in Berlin zu Gast war, gelang in der dänischen Hauptstadt unter anderem ein Gespräch mit dem Außenpolitischen Ausschuss des Folketings und auf Betreiben der Abgeordnete musste sich der zuständige dänische Minister äußern: Außenminister Jeppe Kofod (Sozialdemokrat) hatte drei Punkte in seinem Redemanuskript dabei, die er immer wieder in Variationen wiederholte: Spanien ist ein Rechtsstaat, das Unabhängigkeitsreferendum der Katalanen war verfassungswidrig, die grundlegenden Menschenrechte in Spanien sind gewährleistet.

Wie erwartet, war die dänische Regierung in der Parlamentsanhörung zur „aktuellen Lage der Menschenrechte in Katalonien“ nicht bereit, als Vermittler tätig zu werden. Mit den Erfahrungen der „Rigsfœllesskabet / Reichsgemeinschaft“, bestehend aus Dänemark, Grönland und den Färöern, hätte Dänemark sicher einiges anzubieten, um den festgefahrenen Konflikt aufzulösen.

Ein Lichtblick in der Diskussion im Folketing war Sjúrður Skaale von Javnaðarflokkurin. In klaren Worten zeigte der Politiker von den Färöer den Hintergrund des Konflikts in Katalonien auf. Einen unabhängigen katalanischen Staat forderte er ausdrücklich nicht, doch mit einer Referenz zur Situation in Nordirland, mahnte er die dänische Regierung nicht allein ausweichend, staatstragend von spanischer Rechtsstaatlichkeit zu sprechen, sondern auf eine internationale politische Lösung hinzuarbeiten.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Alfred Bosch dennoch freudestrahlend das dänische Parlament verließ. Diese Freude hatte ihren Grund in Luxemburg. Während der dänische Außenminister nicht müde wurde zu unterstreichen, dass Spanien ein Rechtsstaat sei und man volles Vertrauen in die dortige Judikative habe, äußerte sich der oberste europäische Gerichtshof in Luxemburg gänzlich anders. Spanien habe gegen EU-Recht verstoßen, indem es dem inhaftierten katalanischen EU-Abgeordneten den Antritt seines Mandats verweigert hatte. Oriol Junqueras (Spitzendkandidat der European Free Alliance EFA) habe nach der Wahl im Mai parlamentarische Immunität genossen und hätte für die konstituierende Sitzung des EU-Parlaments aus der Untersuchungshaft entlassen werden müssen, urteilte der Europäische Gerichtshof. Der ehemalige Vizepräsident Kataloniens verbüßt derweil eine 13-jährige Gefängnisstrafe.

Nach den durchwachsenen Ergebnissen im dänischen Parlament und den guten Nachrichten aus Luxemburg, trafen wir den katalanischen Außenminister zu einem Hintergrundgespräch, bei dem dann die nächste politische Bombe einschlug.  Ein spanisches Gericht entschied, dass Kataloniens Präsidenten Quim Torra für 18 Monate aus allen öffentlichen Ämtern zu entfernen sei, nachdem er im zurückliegenden Wahlkampf angeklagt worden war, „Separatistensymbole“ von öffentlichen Gebäuden in Katalonien nicht entfernt zu haben.

Die Nachricht musste augenscheinlich in der katalanischen Delegation erst einmal verdaut werden: „Ich würde nie behaupten, dass Spanien keine Demokratie ist. Ich würde auch nie verlangen, dass sich Dänemark oder sonst wer für die katalanische Unabhängigkeit aussprechen muss. Ich fordere nur das Recht ein, dass wir über unsere politischen Visionen sprechen und selbst entscheiden dürfen“, so Alfred Bosch.

Der immer verbindlich auftretende Diplomat, der während seiner Kopenhagen-Reise kein böses Wort über Spanien hat fallen lassen, wirkt abschließend doch etwas müde und erklärt: „Ich gehöre einer Partei an, die eine ganz besondere Geschichte prägt. Der erste Vorsitzende meiner Partei wurde von der Gestapo verhaftet, an die Schergen von Franco ausgeliefert und standesrechtlich erschossen. Nun sitzen meine Parteifreunde für ihre Überzeugungen als politische Gefangene viele Jahre im Gefängnis. Wie werden aber nicht aufgeben und weiterhin friedlich für unsere Rechte eintreten.“

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