Ebola in Westafrika: Wettlauf gegen Zeit und Traditionen

In Westafrika leiden tausende Menschen an der Epidemie Ebola und von Tag zu Tag werden es mehr. Länder wie Deutschland und die USA stellen Hilfsgüter bereit und die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ schickt geschultes Personal in betroffene Gebiete. Diese Hilfe kommt jedoch lange nicht bei jedem Betroffenen an und so kann sich die Krankheit immer weiter verbreiten.

von Malin Woch; Foto: EC/ECHO/Cyprien Fabre

Regionen mit mangelnder Infrastruktur, die in ländlichen Gebieten liegen, machen es fast unmöglich, einen Großteil der Bevölkerung zu erreichen. Nicht nur Hilfsgüter sind schwer zu liefern, auch Informationen, wie zum Beispiel die notwendigen Hygienevorschriften in Zeiten der Epidemie, kommen meist sehr spät bei den Landbewohnern an. Falls es aber doch gelingt, die Informationen weiter zu leiten, können die Vorschriften aufgrund der Lebenssituation kaum eingehalten werden. Besonders Minderheiten, die häufig an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden und meist schlecht an die Infrastruktur angebunden leben, haben mangels sauberen Wassers nicht die Möglichkeit, sich mehrmals täglich zu waschen und die Hygienevorschriften ausreichend zu erfüllen.

Viele Bewohner Westafrikas halten an ihren Traditionen fest

Viele Bewohner Westafrikas halten zudem beharrlich an ihren Traditionen fest und wollen beispielsweise nicht auf eine traditionelle Bestattung verzichten. Im Voodoo-Glaube, der in Westafrika weit verbreitet ist, wird ein Leichnam noch mehrere Tage nach dem Tod aufgebahrt und mehrmals gründlich gewaschen und umgezogen. Körperkontakt ist also ein wichtiger und unumgänglicher Teil einer Voodoo-Bestattung. Der enge Kontakt zu dem Toten birgt allerdings ein großes Infektionsrisiko. Um Ebola effektiv bekämpfen zu können, müsste der Leichnam verbrannt werden. Da dies im Widerspruch zur Tradition steht, werden Verstorbene von ihren Angehörigen häufig versteckt, um eine traditionelle Bestattung abhalten zu können. Eine Eindämmung der Epidemie wird so stark erschwert.

Ärzte in Guinea ziehen ihre Schutzkleidung an. Die notwendigen Schutzmaßnahmen erschrecken viele Betroffene. Foto: © EC/ECHO

Großes Misstrauen gegenüber Krankenhäuser lässt Erkrankte nicht ins Krankenhaus gehen

Zu all dem kommt noch ein großes Misstrauen gegenüber Krankenhäusern in weiten Teilen der Bevölkerung. Viele Erkrankte verstecken sich und vermeiden eine medizinische Behandlung. Sie haben Angst, denn sie können beobachten, wie von der Krankheit Betroffene in ein Krankenhaus gehen, aber nicht lebend wieder heraus kommen. Die in Schutzanzüge gekleideten Ärzte verstärken diese abschreckende Wirkung. Sie erscheinen fast wie Außerirdische. Durch mangelnde Aufklärung entstehen Gerüchte, die Krankheit sei künstlich von den „Außerirdischen“ verbreitet worden. Und sie sei ein Vorwand, um Organe von Betroffenen zu entnehmen. Dadurch gehen nur wenige Menschen freiwillig in ein Krankenhaus, wenn sie Symptome bei sich bemerken. Sie wenden sich eher an traditionelle Voodoo-Heiler, die nur in seltenen Fällen mit den Krankenhäusern zusammenarbeiten. Viele der Heiler sehen die Ärzte als Konkurrenz an und unterstützen deshalb die Gerüchte. Das ist nicht unbedingt böse Absicht. Sie glauben daran, dass ihre Art zu heilen die Menschen retten kann. Nach ihrer Auffassung ist die  Krankheit durch bösen Zauber hervorgerufen. Mittels ritueller Opfergaben, mit denen sie die Götter um Schutz bitten, wollen sie die Erkrankten kurieren.

Im Großteil der Bevölkerung besteht also ein Zwiespalt zwischen Tradition und westlicher Medizin. Wendet man sich an die Ärzte, muss meist Tradition und Religion zurückgestellt werden, was für viele erst der letzte Ausweg ist. So besteht für Ärzte ein großes Hindernis, die Epidemie einzudämmen und eine weitere Verbreitung zu verhindern.

[Zur Autorin]

MALIN WOCH ist gerade Praktikantin in der GfbV-Onlineredaktion. Während der Ebola-Krise fragte sie sich oft, warum die Hilfe, die zur Bekämpfung von Ebola bereitgestellt wird, manchmal nicht bei den Betroffenen ankommt. Also fing sie an zu recherchieren.

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