Wenn humanitäre Hilfe zum Politikum wird

Foto: UNHCR/S.H. Omi

Berichte von Menschenrechtsverletzungen und die stetige hohe Anzahl an Rohingya, die aus dem Norden des Rakhine-Staates fliehen, haben in Südostasien starke Reaktionen und scharfe Wortgefechte zwischen Politikern hervorgerufen. Im Dezember 2016 spendete Indonesien mehrere Tonnen Hilfsgüter an die Rohingya-Bevölkerung im nördlichen Rakhine-Staat. Und in Malaysia empörte sich die dortige Politik über die Rohingya-Krise. Der malaysische Premierminister Najib Razak nahm am 4. Dezember 2016 sogar persönlich an einer Demonstration gegen die Verfolgung der Rohingya teil und appelliert seitdem für ein stärkeres internationales Engagement für die muslimische Minderheit. Die burmesische Regierung wiederum wirft ihrerseits Razak eine Instrumentalisierung der Rohingya-Krise vor.

Doch die Situation der Rohingya wird in Malaysia nicht nur in der Politik diskutiert, auch das öffentliche Interesse ist in den vergangenen Monaten stark gewachsen. Mittlerweile haben sich muslimische Nichtregierungsorganisationen zu einer Koalition zusammengeschlossen. Dieses Bündnis, das den sogenannten Kelab Putera 1Malaysia (KP1M)-Klub und den Konsultativen Rat der Islamischen Organisationen (Consultative Council of Islam Organisations – Mapim) einschließt, verfolgt den Zweck, Hilfsgüter an alle Einwohner des nördlichen Rakhine-Staates zu verteilen. Neben den muslimischen Rohingya würden also auch die buddhistischen Rakhine von den Spendenlieferungen profitieren. Zudem will die Koalition auch Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch mit Hilfsgütern versorgen.

Wochenlang haben die burmesischen Behörden der KP1M -Mapim-Koalition die Erlaubnis für die Verteilung der Hilfsgüter verweigert. Am 3. Februar 2017 konnte das Schiff der Koalition endlich nach Burma fahren, musste jedoch die Güter ins hunderte Kilometer vom nördlichen Rahkine-Staat entfernten Rangun liefern. Eine Woche später, am 10. Februar, erreichte das Schiff mit 500 Tonnen Hilfsgütern an Bord Rangun, wo es von buddhistischen Mönchen und Nationalisten „empfangen“ wurde, die erklärten, dass die Rohingya nicht nach Burma gehörten. Eskortiert von der burmesischen Armee sind die Hilfsgüter anschließend in den nördlichen Rakhine-Staat transportiert worden und werden dort unter Aufsicht des malaysischen Botschafters in Burma an die lokale Bevölkerung verteilt.

Illustration: Orsetta Cavallari und Ilaria Cimino für GfbV

Doch nicht nur die Hilfslieferung nach Burma ist zum Politikum geworden. Auch in Bangladesch verzögerte sich die Unterstützung, die für die Rohingya-Flüchtlinge vor Ort vorgesehen war. Die Mehrheit an Flüchtlingen hat in der Region rund um die südliche Stadt Teknaf Zuflucht gefunden. Doch die Behörden in Bangladesch wollten das Schiff mit den Hilfsgütern, die unter der Verwaltung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) geliefert werden, dort nicht ankern lassen. Das Schiff musste sich deshalb im Hafen der Stadt Chittagong aufhalten. Zudem erhielten nur 25 der 182 Schiffspassagiere die Erlaubnis, die Hilfsgüter im Flüchtlingscamp Kutupalong zu verteilen.

Es ist fast schon zynisch. Eigentlich wollte die KP1M-Mapim-Koalition nur einen kleinen Beitrag zur Besserung der Lage für die Rohingya erreichen – ihre Hilfsgüter  reichen bei Weitem nicht aus, um alle 24.000 Rohingya, die seit der Eskalation im Oktober 2016 innerhalb Burmas vertrieben wurden, und die über 370.000 Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch, die seit Jahren immer wieder in Flüchtlingswellen aus Burma kommen, zu versorgen. Doch selbst dieser zivilgesellschaftlich organisierten Hilfe werden immer wieder Steine in den Weg gelegt. Denn selbst die humanitäre Versorgung der Rohinya führt mittlerweile zu politischen Auseinandersetzungen.


Wir fassen Nachrichten rund um die Rohingya-Krise in Burma regelmäßig auf unserem Blog zusammen. So können Sie einen Überblick über die aktuelle, sich stetig ändernde Situation bekommen. Alle Beiträge finden Sie hier: Rohingya-Krise in Burma eskaliert


veröffentlicht: 7. März 2017

Autorin: Salomé Persyn

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