Foto: Claude TRUONG-NGOC via Wikimedia Commons
In einem Exklusivinterview mit BBC hat Burmas Regierungschefin Aung San Suu Kyi den Vorwurf der ethnischen Säuberung in Burma zurückgewiesen. Im Interview sagte Suu Kyi: „Ich glaube nicht, dass eine ethnische Säuberung stattfindet. Ich denke, ethnische Säuberung ist ein zu harter Ausdruck für das, was gerade passiert“. Weiter sagte sie, dass Rohingya, die in Nachbarländer geflohen sind, jederzeit in Burma willkommen seien. „Wenn sie zurückkommen, werden sie sicher sein. Es ist ihre Entscheidung, manche sind schon zurückgekommen. Wir heißen sie willkommen und werden weitere auch wieder willkommen heißen.“
Doch für die Rohingya hat sich immer noch nichts in Burma geändert. Noch immer haben sie kein Recht auf eine Staatsbürgerschaft, der Name Rohingya wird von der Regierung nicht anerkannt und sie sind außerdem noch immer offizieller und öffentlicher Diskriminierung ausgesetzt. Solange die burmesische Regierung den Rohingya also keine Rechte zuspricht, wird es weiterhin massive Menschenrechtsverletzungen geben und Burma wird kein sicherer Ort für Rohingya sein.
Zwar heißt Suu Kyi die Rohingya in Burma willkommen, jedoch verliert sie kein Wort darüber, wie eine Art der Versöhnung zwischen den Rakhine und den Rohingya, den beiden Volksgruppen, die im Rakhine Staat angesiedelt sind, aussehen sollte. Zwischen den beiden ethnischen Gruppen herrscht ein jahrzehntelanger Konflikt. Die burmesische Regierung hat die beiden Gruppen in den vergangenen Jahren weiter auseinander gebracht, indem sie die Rohingya in Camps für Internally Displaced Peoples (IDP) oder in Siedlungen, getrennt von den Rakhine, angesiedelt hat. Um ein friedliches Zusammenleben im Rakhine-Staat zu erreichen ist es daher wichtig, die momentan voneinander getrennten Gruppen wieder einander anzunähern. Dafür braucht es von Seiten der burmesischen Regierung Konzepte, wie Siedlungen der beiden Gruppen wieder zusammengebracht werden kann. Und es braucht Ideen, wie der aufgestaute Hass zwischen Rohingya und Rakhine abgebaut werden soll. Suu Kyi erwähnt im Interview jedoch weder diese Problematik noch mögliche Lösungsansätze für eine Versöhnung der Gruppen innerhalb des Rakhine-Staates.
Suu Kyi weist die Vorwürfe der ethnischen Säuberung zurück. Es ist jedoch erschreckend auffällig, dass im Rakhine Staat nur Rohingya angegriffen werden und nach der Zerstörung ihrer Dörfer in IDP-Camps leben müssen. In Satellitenaufnahmen der Region ist eindeutig zu erkennen, dass Rohingya-Siedlungen gezielt zerstört worden. Die Rakhine-Ortschaften sind weiterhin intakt.
UN-Berichte belegen, dass seit den Unruhen im Oktober 2016 immer wieder Vergewaltigungen und Gewalt gegenüber Rohingya stattfanden (GfbV). Seitdem geht das Militär gegen unbewaffnete Rohingya vor. Und so wurde auch die Rolle des Militärs im Interview mit der BBC angesprochen. Die de-facto-Chefin der ersten zivilen Regierung Burmas meinte dazu, dass das Militär selbstverständlich nicht die Freiheit besitze, andere Menschen zu vergewaltigen, zu foltern oder auszurauben. Jedoch sei es ihnen laut Verfassung freigestellt zu kämpfen.
Das Militär hat momentan noch immer einen beträchtlichen Einfluss innerhalb der Regierung Burmas. Es besitzt ein Veto-Recht, außerdem stehen dem Militär 25 Prozent der Sitze im burmesischen Parlament zu. Aung San Suu Kyi bestätigte, dass die Wiedererlangung der Kontrolle über das Militär eine wichtige Aufgabe der noch jungen Regierung sei.
Keine andere ethnische Minderheit Burmas ist annähernd so schweren Gewalttaten ausgesetzt wie die Rohingya. Es ist also durchaus angemessen, von einer gezielten ethnischen Säuberung, wenn nicht sogar eines anstehenden Genozids an den Rohingya zu sprechen.
Wir fassen Nachrichten rund um die Rohingya-Krise in Burma regelmäßig auf unserem Blog zusammen. So können Sie einen Überblick über die aktuelle, sich stetig ändernde Situation bekommen. Alle Beiträge finden Sie hier: Rohingya-Krise in Burma eskaliert
veröffentlicht: 12. Juni 2017
Autorin: Isabelle Ortmüller