Gemeinsam mit den Kurden gegen den IS: Ungefähr 4.500 Kämpfer des arabischen Schammar-Stammes haben sich mit der YPG gegen die Islamisten verbündet. Foto: Kamal Sido
Auf dem Rückweg zur „kurdisch-kurdischen“ Grenze am Tigris bei Semalka machten wir einen Zwischenstopp in Tall Alo, dem Sitz von Scheich Humaidi Daham al-Hadi. Er ist das Oberhaupt des sunnitisch-arabischen Schammar-Stammes in Syrien und der Präsident des Kantons von Cazira. Dem Humaidi Daham al-Hadi sind die „Quwat as-Sanadid“, eine 2013 gegründete Miliz, unterstellt. Diese kämpft im syrischen Bürgerkrieg auf der Seite der YPG gegen den IS und umfasst nach eigenen Angaben etwa 4.500 Kämpfer.
Am Hof des Scheichs Humaidi Daham al-Hadi fanden wir Szenen wie aus dem Roman „Durchs wilde Kurdistan“ von Karl May vor. Wir mussten unter einem aus Ziegenhaaren hergestellten Zelt auf dem Boden sitzen. Auch yezidische Kämpfer aus Sinjar, so wie es auch Karl May beschrieben hatte, waren beim Scheich der Schammar zu Gast. Damit das Bild hätte abgerundet werden können, haben nur noch Kara Ben Nemsi und Hadschi Halef Omar gefehlt.
Bereits auf dem Weg zum Sitz des Scheichs von Schammar fühlte ich mich nicht gut. Die vielen Reisestrapazen (wenig Schlaf, überall rauchende Menschen in Autos und in Schlafzimmern, Dieselgeruch, ständiges Wechseln von Quartieren bei verschieden Freunden etc.) machten sich bemerkbar. Mein Reisebegleiter Kim Hussein Reve, der mich freundlicherweise fast die ganze Zeit in Nordsyrien begleitet hatte, wurde darauf aufmerksam und wusste, was mir fehlte: ein ruhiger und erholsamer Schlaf. Da ein Bekannter von uns in Derik nicht ans Telefon ging, suchte er uns ein Hotel. Wir fuhren zu einem schönen Haus, in dem sich eines der wenigen Hotels in Derik befand und einer christlichen Familie gehörte. Leider konnten wir dort niemanden auffinden, da die Eigentümer gerade mit ihren Hotelgästen ein Picknick veranstalteten, was uns ein Nachbar später erzählte. Also fuhren wir über die engen Straßen von Derik direkt zum Tigris, gen Osten zur syrisch-irakischen Grenze. „Ich habe einen Bekannten in einem Dorf direkt bei Semalka am Grenzübergang. Dort können wir ruhig schlafen und es gibt sogar WLAN“, sagte Kim. Es war zu diesem Zeitpunkt schon dunkel. Mit unserem Gastgeber Sadun hatte Kim bereits telefonischen Kontakt gehabt. Wir waren bei ihm also willkommen. Dort angekommen musste ich feststellen, dass auch unser Gastgeber Sadun, ein netter Mann, in allen Räumen seines Hauses rauchte. Bei einem Glas heißen Tee sprach ich das Problem an und erhielt dabei sogar Unterstützung von seiner Frau. Daraufhin versprach Sadun, ab sofort nur noch draußen zu rauchen.
Am nächsten Tag begleitete Sadun uns zum Grenzübergang. Dort nahm ich Abschied von ihm und Kim. Auch der studierte Jurist Kim versprach mir, in seiner Wohnung in Qamischli, in der ich oft übernachtet hatte, nicht mehr zu rauchen. Kim ist mit einer netten TV-Journalistin, die mich auch interviewte, verheiratet und hat mit ihr zwei kleine Kinder.
Die einzelnen Kapitel im Überblick:
Semalka: Der einzige Weg nach Rojava
Plädoyer für ein multiethnisches und multireligiöses Rojava
Auf jüdischen Spuren in Qamischli
Kurdisches Neujahrsfest in Kobani
Militärischer Begleitschutz in Tall Abyad
Das neue Militärbündnis „Syrian Democratic Forces“ in al-Hasakeh
Christliches Leben in al-Hasakeh und Qamischli
Rojava-Nordsyrien benötigt unsere Solidarität