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Seit 2006 befinden sich zwölf Maya-Kaqchikel-Gemeinden in Guatemala im Widerstand gegen den geplanten Bau eines Steinbruchs und einer Zementfabrik auf ihrem Territorium. Sie befürchten durch den Bau und die Inbetriebnahme der Anlagen Wassermangel, Luftverschmutzung, Gesundheitsbeeinträchtigungen sowie negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit ihrer Felder. Die Zerstörung der Berge widerspricht außerdem ihrem kulturellen Verständnis, denn für die Maya-Kaqchikel sind Berge heilige Orte. Der anhaltende Konflikt führte bereits zum Ausnahmezustand in der Region und Aktivisten werden immer wieder kriminalisiert, strafrechtlich verfolgt, bedroht und diffamiert. Erst kürzlich wurde im Juni 2015 ein Bus mit 60 Demostrierenden durch Polizeikräfte stundenlang illegal festgehalten.
Im Februar 2013 entschied sich die indigene Journalistin Francisca Gómez Grijalva in ihrer Kolumne über den Konflikt der Bevölkerung mit dem Unternehmen Cementos Progreso zu berichten. Daraufhin wurde sie vom Baustoffherrsteller verklagt. Das juristische Verfahren ist mehr als zwei Jahre später immer noch nicht abschließend geklärt. Im Gegenteil: Auch wenn sich die Lage vor Ort bis heute heute nicht verändert hat, wird auf die Journalistin Druck ausgeübt, ihre Aussagen in der Kolumne zurück zu ziehen. Besorgt über das Ausmaß der Zensur und der Unterdrückung der Meinungsfreiheit in Guatemala, hat unsere Koordinatorin für Guatemala, Stephanie Brause, die Kolumne der Maya-Journalistin übersetzt.
6.2.2013
Francisca Gómez Grijalva
Die starken Spannungen und Sorge, die in San Antonio Las Trojes I in San Juan Sacatepéquez, einem Department nordwestlich von Guatemala-Stadt, herrschen, sind Folge der Übermacht des guatemaltekische Baustoffherstellern Cementos Progreso. Der erbaute mithilfe seines Personals und der Gemeindeverwaltung eine Vorrichtung innerhalb der Gemeinde, um einen Brunnen zu bohren. Er soll später dazu dienen, Wasser für den Betrieb einer Zementfabrik zu fördern. Auch wenn der für die Gemeinden zuständige Landrat Óscar Fernando bekräftigte, dass dieses Projekt 5.600 Menschen zugutekommen würde, widersprachen die zwölf Maya-Kaqchikel-Gemeinden dieser Aussage. Sie erklärten, dass lediglich eine kleine Personengruppe – nämlich die Belegschaft von Cementos Progreso – dieses Projekt befürworten. 40.000 Frauen und Männer widersetzen sich hingegen dem Bau der Zementfabrik, die im Maya-Territorium errichtet wird.
Embed from Getty ImagesDie zwölf Maya-Gemeinden argumentieren, dass die Zementfabrik weit davon entfernt ist, ihnen soziale und wirtschaftliche Vorteile zu erbringen. Stattdessen wird sie die Berge zerstören und die Wassermenge im Gebiet verringern.
Diese Sorgen sind berechtigt, vor allem wenn man bedenkt, dass das Wasser für das Leben der Gemeinden essentiell ist und seine Hauptquelle die Berge sind. Daher ist es vollkommen verständlich, dass sich die zwölf Gemeinden gegen die Fabrik von Cementos Progreso auf ihrem Land aussprechen. Die Zementfabrik wird nicht nur unweigerlich die Berge zerstören, sondern auch schwerwiegende Gesundheitsprobleme verursachen, die Fruchtbarkeit der Böden beeinflussen und die Umwelt ernsthaft kontaminieren.
Ohne Zweifel sind die sozialen Spannungen, die überall spürbar sind, das Ergebnis eines langen und schwierigen Kampfes, den die zwölf Maya-Kaqchikel-Gemeinden von San Juan Sacatepéquez seit 2006 führen. Sie trotzen der Willkür nationaler und transnationaler Großunternehmen, die versuchen, ihrem Territorium die Zementindustrie mit Gewalt aufzudrängen. Diese Unternehmen, die von den wechselnden Regierungen durch soziale Kontrolle und Repression geschützt sind, kriminalisierten – und kriminalisieren nach wie vor – die Gemeinden dafür, dass sie ihre sozialen, wirtschaftlichen und territorialen Rechte verteidigen.
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Das Personal von Cementos Progreso trägt Schusswaffen und droht, dass in San Antonio Las Trojes I Blut fließen würde, wenn die Leute sich weiterhin den Arbeiten der Zementfabrik widersetzen würden. Denn der Druck für den Bau der Fabrik kommt von ganz oben: Zuallererst profitieren die Oligarchenfamilien Novella und Torrebiarte. Diese beiden Familien sind Hauptaktionäre des transnationalen Schweizer Unternehmens Holcim, dem weltweit größten Baustoffhersteller, der bis Januar 2013 mit 20% an der Firma Cementos Progreso beteiligt war.
Die Öffentlichkeit verwirren, das Wasser in den Händen weniger Familien konzentrieren und den sozialen Kampf kriminalisieren: Das sind in jeder Hinsicht Menschenrechtsverletzungen an den Gemeinden, die im Laufe der Geschichte in ihrem eigenen Land benachteiligt, ausgeschlossen und ausgebeutet wurden.
[Zur Autorin]
FRANCISCA GÓMEZ GRIJALVA ist eine indigene Journalistin aus Guatemala. Wöchentlich veröffentlicht sie in der wichtigsten guatemaltekischen Tageszeitung Prensa Libre ihre Kolumne „Ukemik Na’oj“, was in Kʼicheʽ so viel bedeutet wie Gefühle, Gedanken und Ideen weben. In ihrer Kolumne thematisiert sie Menschenrechtsverletzungen und soziale Probleme, unter denen die Gesellschaft in Guatemala zu leiden hat.