Worum geht’s eigentlich bei der „Australia Day-Debatte“?

Einige haben vielleicht schon mitbekommen, dass es in den vergangenen Jahren in Australien zu immer heftigeren Debatten rund um den Australia Day gekommen ist. Immer wieder wird darüber gestritten, ob es in der heutigen Zeit noch angemessen ist, jedes Jahr am 26. Januar Australia Day zu feiern. Doch warum eigentlich?

von Marion Caris; Foto: GfbV-Archiv

Was geschah am 26. Januar 1788?

An dem Tag fuhren die ersten Schiffen mit Gefangenen aus Großbritannien unter Anführung von Gouverneur Arthur Phillip in einen natürlichen Hafen, der Port Jackson getauft wurde, Heute ist das der Sydney Harbour. Phillip ging an Land und lies von einigen Bemannungsmitgliedern einen Ast mit dem britischen Union Jack in den Boden stecken, um die Gründung der geplanten Strafkolonie offiziell zu bestätigen. Die Befürworter des Australia Days sehen deswegen den 26. Januar als der Tag, an dem die Geburt einer großen Nation gefeiert wird.

Die Gegner des Feiertags sehen das ganz anders. Für sie markiert der Australia Day den Tag der Invasion der Briten. Denn der von ihnen in Anspruch genommene Kontinent war bereits von anderen Menschen bewohnt und wurde später unrechtmäßig von der britischen Krone in Besitz genommen. Der 26. Januar 1788 steht für sie für den Anfang der Ausrottung, Enteignung und Unterdrückung der bereits dort lebenden Völker, unter dessen Folgen diese bis zum heutigen Tag leiden. Für die Gegner gibt es an diesem Tag nichts zu feiern.

Was möchten die Gegner gerne?

Unter den Gegner gibt es zwei größere Gruppierung. Die eine Gruppe möchte, dass Australia Day auf ein anderes, nicht historisch belastetes Datum verlegt wird. Diese Forderung findet sich in den sozialen Netzwerken immer wieder unter dem Hashtag #ChangeTheDate. Einen nationalen Feiertag am 26. Januar zu begehen, empfinden sie als eine Art Verhöhnung des Elends, dass die Invasion zur Folge gehabt hat und eine Verneinung der dunklen Kapitel der australischen Kolonialgeschichte.

Andere Gegner möchten hingegen, dass Australia Day als Ganzes abgeschafft wird. Sie organisieren sich unter dem vielsagenden Hashtag #FuckTheDate. Für sie sollte dieser Nationalfeiertag generell moralisch hinterfragt werden. Ihrer Meinung nach werde ein anderes Datum nichts an die hohen Selbstmordraten unter Aboriginal People (vor allem unter Kinder) ändern. Auch würde sich dadurch nicht die hohe Anzahl von Aboriginal Kindern in Haft verringern und die Gesundheit von Aboriginal People sich nicht verbessern. Sie verlangen statt symbolischer Änderungen eine komplette Umgestaltung des australischen Staates, damit eine neue Gesellschaft entstehen kann, die die Rechte der Aboriginal Peoples respektiert und ihnen wahre Selbstbestimmung ermöglicht.

Ist die Debatte neu?

Nein, Aboriginal People haben den Tag immer wieder kritisiert. Bereits 1938 gab es schon Aboriginal Organisationen, die den Australia Day kritisierten. Sie nannten den 26. Januar den ‚Day of Mourning‘, also den Tag der . Damals hatte die australische Regierung Aboriginal People in Sydney und Umgebung aufgefordert, an der Nachstellung der Invasion teilzunehmen. Sie sollten vor den als Kolonisten verkleideten Schauspielern fliehen. Als sie sich weigerten, ließ die australische Regierung Aboriginal People von West-Australien herüberbringen. Diese wurden auf der Polizeistation von Redfern eingesperrt und dann aufgefordert, in ihrer eigenen historischen Tragödie mitzuspielen.

1988 zogen 40.000 Menschen durch die Straßen von Sydney in dem March for Freedom, Hope and Justice, während der Rest des Landes den 200. Jahrestag der Ankunft von Phillips Flotte feierte.

2009 forderten sogar prominente Persönlichkeiten eine Verschiebung des Tages.

Gibt es auch Aboriginal People, die Australia Day beibehalten möchten?

Ja, es gibt ein paar prominente Personen, die sich dafür aussprechen. Es handelt sich dabei um Personen, die sich selbst als Führer von oder Sprecher für Aboriginal People benannt haben, oder die vom Staat als Vertreter ausgewählt wurden und von ihm protegiert werden. Sie werden aber von der Mehrheit der schwarzen Bevölkerung nicht als Vertreter anerkannt.

Wer am 26. Januar in Australien ist und mehr über die Kritik an Australia Day erfahren möchte, kann einer der Invasion Day-Events besuchen und dort einfach mal zuschauen und zuhören.

Melbourne: https://www.facebook.com/events/316014045576431/

Sydney: https://www.facebook.com/events/391724361255983/

Canberra: https://www.facebook.com/events/341298233046877/

Perth: https://www.facebook.com/events/518472918524250/

Berliner laden wir herzlich ein zu einer kleinen Invasion Day-Aktion am Brandenburger Tor: https://www.facebook.com/events/1883402881972734/


Viele weitere Artikel zur aktuellen Lage der Aboriginal People in Australien gibt es in unserer Zeitschrift „bedrohte Völker – pogrom“: JETZT WEITERLESEN


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[Zur Autorin]

MARION CARIS arbeitet als freiberufliche Übersetzerin in Berlin. Sie hat Verwandte in Australien und schon früh wurde ihr Interesse für den fünften Kontinent geweckt. Sie hat das Land mehrfach bereist und setzt sich mit der Position der Aboriginal People, mit denen sie gut vernetzt ist, auseinander.

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