Weitere Hinweise auf den Export türkischer Waffen nach Syrien

Schon seit Längerem kritisiert die Gesellschaft für bedrohte Völker die russischen Waffenexporte ans syrische Regime, sowie die türkischen Lieferungen an die überwiegend radikal-islamischen Rebellengruppierungen. Damit wird in gefährlich verschärfender Weise Einfluss auf die Gewaltspirale im blutigen Bürgerkrieg genommen, der mittlerweile schon über 120.000 Menschen das Leben gekostet hat. Nun wurde das Thema auch endlich verstärkt in der türkischen Presse aufgegriffen. Ein Reporter der konservativen Tageszeitung Hürriyet recherchierte auf eigene Faust und förderte interessante Daten zutage. Im Folgenden zitieren wir den Artikel im Wortlaut.

Ein Bericht von: Tolga Tanış, Journalist, Hürriyet, 15.12.2013

Die [türkische] Regierung behauptet immer „wir besorgen keine Waffen für Syrien.“
Aber es gibt Belege dafür, dass seit dem Juni 2013 bisher 47 Tonnen Waffen und Munition nach Syrien geschickt wurde. Die Quelle der Beweise sind die Vereinten Nationen (UN) und des türkischen Statistikamtes (TÜIK).
Ich bin zunächst über die Daten der UN auf die Situation aufmerksam geworden. Die UN hat diese Auflistung anhand der Informationen der staatlichen Grenzzölle durchgeführt. Alle Import-Export Aktivitäten in der Welt werden in der Datenbank Comtrade (Warenhandel), die dem Amt für Statistik unterliegt, zusammengeführt … Und seit dem letzten Monat sind die Informationen auf der Website von Comtrade der Öffentlichkeit zugänglich.
Besucht man die Seite der Comtrade…untersucht man den Handel zwischen der Türkei und Syrien…schaut man dann bei Handel auf die Codenummer „93“ für „Waffen und Munition“, erhält man aus der Datenbank ein unglaubliches Bild. Obwohl die türkische Regierung zu jeder Zeit behauptet, „die Türkei besorge den Rebellen in Syrien keine Waffen“, zeigen die Zahlen, dass seit dem Juni 2013 bisher 47 Tonnen Waffen und Munition nach Syrien geschickt wurden.
Ich habe die Daten entnommen und in eine Excel-Tabelle eingearbeitet. Sofort habe ich dann das Außenministerium angerufen. Ich habe dem Pressesprecher Levent Gümrükçü eine Nachricht hinterlassen und ihn gefragt, wie es zu erklären ist, dass nach Informationen der UN die Türkei nach Syrien Waffen exportiert. Denn auf dem Papier hält sich die Türkei an das Waffenembargo gegen Syrien. Eigentlich dürfen an Regime und Rebellen nicht eine einzige Kugel geliefert werden. Gümrükçü antwortete ohne Blick auf die Zahlen in der Quelle: „Die Informationen sind auf keinen Fall richtig“. Aber anschließend bestätigte er, dass er den von mir genannten Bericht nicht gefunden habe.
Auch wenn Gümrükçü es leugnet, die Belege der UN sind eindeutig. Demnach sind im Juni aus der Türkei 3,6 Tonnen Waffen mit der Codenummer 9303 nach Syrien geliefert worden. Im Juli ist die Waffenlieferung auf 4,4 Tonnen gestiegen. Als am 21. August ein biochemischer Angriff vermutet wird, und in Guta fast 1000 Menschen getötet wurden, in dem Monat beträgt die Waffenlieferung 10 Tonnen. Und im Monat September, als alle den Kriegsausbruch vermuteten, explodierten die Zahlen über die Waffen die nach Syrien gingen auf 29 Tonnen.
Ich habe einerseits Gümrükçü die Excel-Tabelle, die ich anhand des Berichts erstellt hatte, mit zusätzlichen Fragen zugeschickt und andererseits damit begonnen, die Quellen der Daten herauszusuchen. Und nach einer gewissen Zeit bin ich auf dieselben Informationen gestoßen, die ein Bericht auf der Website der Statistikamts der Türkei (TÜIK) erhielt. Ich bin auf die Daten über Einfuhr-Ausfuhr gegangen und habe bei der Suche nach der Codenummer „92“ zu Waffenhandel mit den Zahlen für Oktober noch aktuellere Daten als die der UN erhalten. Alle zu Waffen- und Munitionshandel – anschließend habe ich Gümrükçü angerufen. Ich habe ihm versichert, dass die Quelle des Berichts der UN die TÜIK ist.
Auf der unten aufgeführten Tabelle ist anhand der Daten der TÜIK, der Waffen- und Munitionsfluss von der Türkei nach Syrien erkennbar. Monat für Monat. Dazu sind keine Aussagen von LKW-Fahrern nötig, die mit Munition erwischt wurden oder keine Interviews ausländischer Journalisten mit Rebellen. Es reichen die Berichte der offiziellen Stellen der Republik Türkei. Kommen wir auf die Art der Waren. Die Waffen mit dem Code 9303, die in den Zahlen der UN auftauchen, fallen nach internationalen standardisierten Handelskategorien unter dem Titel „militärische Waffen und Munition“ in die Kategorie „Waffen die nicht dem militärischen Zweck dienen“. Dieses sind beispielsweise Jagdwaffen oder Feuerwaffen. Sie können zwar keine Kalaschnikow unter dieser Kategorie ausführen, aber niemand würde sie an der Grenze stoppen und fragen: „Was machen sie da, es gibt ein Embargo“, wenn sie Jagdwaffen nach Syrien schicken würden.
Falls sie die Antwort des Außenministeriums interessiert. Es sind 10 Tage her und ich habe noch immer keine offizielle Antwort erhalten. Ich habe zuletzt im Blog der Website der Hürriyet am 26. November Informationen über „die sicheren Häuser“ der El-Qaida in Reyhanlı geliefert. Ich habe erfahren, dass die Istanbuler Abgeordnete Şafak Pavey am 6. Dezember anhand der Informationen meines Artikels eine Anfrage an das Außenministerium gestellt hat. Die BBC hat mit Zeugen dieser gesicherten Häuser in Reyhanlı, die unter Kontrolle der El-Qaida sind, gesprochen und es am 7. Dezember der Welt veröffentlicht.
Daher möchte ich darüber schreiben, damit eventuell erneut ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete eine Anfrage stellt und diese beantwortet werden muss. Wird dann vielleicht jemand die folgenden Fragen beantworten und die Öffentlichkeit über den Fluss türkischer Waffen nach Syrien aufklären? Ich erwarte nicht, dass die heimlich gelieferten Waffen von der Türkei nach Syrien in die Zahlen aufgenommen werden, aber um Himmels Willen, was ist das für ein Skandal!
Sind der Regierung die seit Juni monatlich stattfindenden Waffenlieferungen bekannt?
Warum haben die Waffenlieferungen im Juni begonnen? Ist der Grund ein Politikwechsel?
Sind Sie als Regierung beteiligt an diesen Waffenlieferungen?
Wissen Sie, an wen diese Waffenlieferungen in Syrien gehen?
Ziehen Sie es in Erwägung, diese weiterhin anhaltenden Waffenlieferungen zu unterbinden?
Werden Sie diejenigen, die verantwortlich für diese Waffenlieferungen sind, wegen Verletzung des Waffenembargos anklagen?

Daten der TÜIK über Waffenlieferungen aus der Türkei nach Syrien:

Monat Art der Ware Handelswert $ Handelswert TL
Juni Waffen-Munition (Code  93) 91 811 177 656
Juli Waffen-Munition (Code  93) 83 462 161 393
August Waffen-Munition (Code  93) 271 018 537 706
September Waffen-Munition (Code  93) 619 035 1 246 945
Oktober Waffen-Munition (Code  93) 512 843 1 026 291
Gesamt 1 578 169 3 149 991

http://www.hurriyet.com.tr/yazarlar/25361801.asp

Die GfbV übernimmt keine Garantie für die Übersetzung aus dem Türkischen.
Aus dem Türkischen übersetzt von http://www.isku.org

Werden Sie aktiv, machen Sie mit! Schreiben Sie an die deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit der Bitte, keine Waffen mehr an die Türkei zu liefern.
Mehr lesen unter:

https://www.gfbv.de/inhaltsDok.php?id=2694

Zum Onlineappell:
http://www.gfbv.de/emailprot.php?id=373&stayInsideTree=1

 

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